Rheinpfalz Kaiserslautern: Nach tödlichem Unfall Fahrer wegen versuchten Mordes angeklagt

Der heute 54-jährige Angeklagte war an dem Novembermorgen auf der Hohenecker Straße stadtauswärts unterwegs, als sich der Unfall
Der heute 54-jährige Angeklagte war an dem Novembermorgen auf der Hohenecker Straße stadtauswärts unterwegs, als sich der Unfall ereignete. Noch nicht hundertprozentig geklärt ist, von wo der Fußgänger kam.

Der 25. November 2017 war ein grauer Tag. Gegen halb neun am Morgen ereignete sich auf der Hohenecker Straße ein folgenschwerer Unfall, bei dem ein 62-jähriger Fußgänger ums Leben kam. Am Mittwoch wird das Verfahren vor der 4. Strafkammer des Landgerichts fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft klagt auch versuchten Mord an.

Verantworten muss sich ein 54-Jähriger aus Kaiserslautern, der an dem Morgen mit seinem Auto vom Zigarettenholen kam. Etwa in Höhe des Media Marktes erfasste er mit seinem Auto einen Mann, der bei dem Aufprall tödlich verletzt wurde und wenige Minuten später, im Inneren eines Rettungswagens, verstarb. Der Unfallfahrer, der laut Staatsanwaltschaft rund 0,44 Promille Alkohol im Blut hatte, hielt nach dem Aufprall nicht an, sondern fuhr nach Hause, wo er noch am gleichen Morgen von der Polizei angetroffen wurde. Dem Mann schnell auf die Spur gekommen war die Polizei aufgrund der Tatsache, dass einige Straßen weiter ein Zeuge das Nummernschild, das zum Wagen des 54-Jährigen gehörte, gefunden hatte und seinen Fund auch gleich der Polizei meldete.

Keinerlei Punkte in Flensburg registriert

Am Montag, am ersten Verhandlungstag, wurde die Anklage verlesen. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sprach dabei von einer „vorsätzlichen Alkoholfahrt“, bei der ein Mensch „fahrlässig getötet“ wurde. Ungewöhnlich dabei: Die Staatsanwaltschaft klagt den 54-Jährigen auch wegen versuchten Mordes an. Dahinter verbirgt sich der Vorwurf, dass der Angeklagte billigend in Kauf genommen hat, dass das Opfer stirbt, um so einer möglichen Strafe für die Trunkenheitsfahrt mit tödlichem Ausgang zu entgehen.

Zunächst wurde der Angeklagte gehört. Der 54-Jährige lebt in geordneten Verhältnissen, ist seit mehr als 30 Jahren verheiratet, hat eine Tochter und arbeitet seit Jahrzehnten bei einer Firma im nahen Saarland. Sein Punktekonto in der Fahrsünderkartei in Flensburg weist keine Einträge auf. Was er in seiner Freizeit mache, wollte der Vorsitzende Richter, Raphael Mall, wissen. „Arbeiten“, war die knappe Antwort des Angeklagten. Er mache viele Überstunden, habe eigentlich nur am Samstag frei. Und als sein Chef ihn auch noch gerne samstags im Betrieb begrüßen wollte, habe es Streit gegeben. Diesen Frust hatte er am Vorabend des Unfalls mit – wie er schilderte – acht Flaschen Bier bis spät in die Nacht hinuntergespült. Normalerweise trinke er mal zum Essen ein Bier, sagte der Mann. Ob er ein Alkoholproblem habe, wollte Richter Mall von der Ehefrau des Angeklagten wissen. „Nein“, lautete deren knappe, aber deutliche Antwort.

Frust auf der Arbeit mit Bier bekämpft

Am darauffolgenden Morgen habe er sich „fit gefühlt“, als er ins Auto gestiegen sei, um Zigaretten zu holen. Von dem Unfall will er, außer einem lauten Knall, nichts mitbekommen haben, auch einen Menschen vor seinem Auto will er nicht gesehen haben. „Die normale Reaktion wäre gewesen, dass Sie an die Seite fahren“, hielt ihm Richter Mall vor. „Ich war wie im Schock, ich habe nicht damit gerechnet, dass ich jemanden angefahren habe“, berichtete der Angeklagte leise. Daheim habe er den Schaden an der Windschutzscheibe, die auf der Beifahrerseite stark zersplittert war, bemerkt, sich sogar an den Scherben verletzt. Als dann die Polizei kurze Zeit später bei ihm geklingelt habe, da sei ihm langsam klar geworden, dass etwas Schreckliches passiert sein muss.

Das Unfallopfer, 62 Jahre alt, verstarb noch am Unfallort. Laut Anklageschrift hatte der Mann bei dem Unfall unter anderem einen Schädelbruch sowie zwei Brüche der Wirbelsäule erlitten. Ein 54-jähriger Zeuge, der unmittelbar nach dem Unfallfahrzeug unterwegs war, beschrieb, dass der Mann nach dem Zusammenprall mit dem Fahrzeug „unheimlich hoch in die Luft geschleudert“ worden sei, bevor er am Straßenrand liegen blieb, schwerst verletzt. Eine Rettungssanitäterin, die gerade auf dem Heimweg vom Nachtdienst war und zufällig vorbeikam, konnte unmittelbar nach dem Unfall noch „schwachen Puls ertasten“, der Rettungsdienst konnte den Mann aber nicht mehr retten.

Verlorenes Nummernschild weist Weg zum Unfallfahrer

Mehrere als Zeugen geladene Polizeibeamte berichteten dann, wie sie dem Unfallfahrer auf die Spur gekommen waren: durch ein Nummernschild, das ein Zeuge einige Straßen weiter gefunden hatte. Auf der Dienststelle gab der Angeklagte laut Polizeiprotokoll an, dass er vermutet hatte, dass womöglich ein Backstein den Schaden an seinem Auto verursacht haben könnte.

Der Prozess wird am Mittwoch, 9 Uhr, fortgesetzt. Dann werden die beiden Gutachter, ein Rechtsmediziner und ein technischer Sachverständiger, gehört.

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