Kultur Südpfalz Kantor will er werden

Zweimal im Monat spielt Thorsten Grasmück in seiner Heimatgemeinde sonntags im Gottesdienst die Orgel.
Zweimal im Monat spielt Thorsten Grasmück in seiner Heimatgemeinde sonntags im Gottesdienst die Orgel.

Thorsten Grasmück aus Walsheim hat im Mai in Lübeck erneut die „Jugend-musiziert“-Jury verblüfft und kehrte mit einem ersten Bundespreis bei höchster Punktzahl (25) in der Sparte Orgel zurück. Dass er die Hürden Regional- und Landeswettbewerb bei „Jugend musiziert“ ohne Anstrengung überfliegen würde, daran zweifelte eigentlich keiner. Am wenigsten sein Orgellehrer, Professor Stefan Viegelahn, der den Jungstudenten der Frankfurter Musikhochschule seit geraumer Zeit höchst erfolgreich unterrichtet. Im Tagesgeschäft ist Grasmück Schüler am Eduard-Spranger-Gymnasium in Landau. Und zwar kein schlechter. Mit seinem überragenden Abschneiden hatte zumindest der 15-jährige Tastenkünstler nicht wirklich gerechnet, denn er reiste nach dem Vorspiel zunächst einmal zurück nach Walsheim. Von da beorderte ihn die gute Nachricht prompt zwei Tage später wieder gen Norden, zum Auftritt im Preisträgerkonzert. Nein, aufgeregt sei er nicht gewesen, angespannt eben, alles sei prima gelaufen, „aber Platz eins ohne Abstrich – das hatte ich nicht zu träumen gewagt“. Erinnern wir uns: Als Einsteiger bei „Jugend musiziert“ hatte Thorsten Grasmück im Frühjahr 2017 in der Sparte Klavier sowohl auf Regionalebene als auch beim Landeswettbewerb erste Plätze belegt. Der Bundeswettbewerb trug ihm einen zweiten Preis (22 Punkte) ein. „Unfassbar! - Mit keinem der Siege hatte ich im Vorfeld gerechnet, fand es nur einfach toll, dabei zu sein.“ Dies war sein Kommentar vor einem Jahr. Dieses Jahr nun war sein Lieblingsinstrument, die Orgel, gefragt. Mit fünf Jahren, erinnert sich der hochgewachsene junge Mann mit dem Lockenschopf, habe er zum ersten Mal mit Bewusstsein ein Orgelkonzert erlebt. „Ich war rundweg fasziniert von den prachtvollen Klangfarben, den unendlichen Ausdrucksmöglichkeiten des Instruments. Das hat mich nicht mehr losgelassen.“ Hatte er vor einem Jahr bereits die Jury der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt überzeugt, ihn als einen der jüngsten Vorstudenten in ihre Orgelklasse aufzunehmen, so verneigten sich nun offensichtlich auch die Lübecker Juroren vor der musikalischen Persönlichkeit des jungen Pfälzers. Unter anderem gehörte dem Gremium mit Professor Arvid Gast ein ausgewiesener Reger-Experte an. Und Thorsten Grasmück zelebrierte gar eins der schwierigen Großwerke des österreichischen Spätromantikers, die Fuge zu „Wachet auf, ruf uns die Stimme“, dazu Sätze einer Trio-Sonate von Johann Sebastian Bach und mit Maurice Duruflé auch ein Stück zeitgenössischer Musik. Ein echtes „Hammer“-Programm. Mit der großen Marcussen-Orgel im Lübecker Dom, einer Schwalbennest-Orgel, sei er sehr gut zurechtgekommen, auch mit der Zeit zum Einregistrieren und Warmwerden. Als sehr angenehm empfand er das Nachgespräch zu seinem Vortrag, wobei er seine Sicht auf die Werke und seinen Interpretationsansatz offenbar sehr überzeugend dargelegt hat. Dass so ein Wettbewerbserfolg nicht ganz folgenlos bleiben würde, liegt auf der Hand. Auch wenn Thorsten Grasmück, der in seiner Gymnasial-Klasse als „cooler Typ“ durchgeht, obwohl er weder twittert noch überhaupt mit Smartphone ausgerüstet ist, so herzerfrischend auf dem Teppich bleibt. Die große Solo-Karriere? „Na ja, erst mal hat sich an meinem Berufsziel nix geändert. Kirchenmusik will ich studieren und Kantor werden“, bekennt er ohne Umschweife. Auch das Chorleiten, durch die Ausbildung am Kirchenmusikalischen Seminar erprobt, mache ihm Spaß. Und wie bisher, wird er auch weiterhin zweimal pro Monat seiner Heimatgemeinde den Sonntagsgottesdienst musikalisch gestalten. Dennoch freut sich Thorsten Grasmück gewaltig auf die Konzertangebote, die sich im Schlepptau des Bundespreises bislang anbahnten: So ist er für Ende September zum „Wespe“-Wettbewerb in Lübeck eingeladen, ein dem Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ nachgeordneter Contest, der allein den Spitzenpreisträgers offensteht. Für Anfang Dezember ist Thorsten Grasmück im Dom zu Essen für eine Orgel-Meditation angefragt. Die Fans in der Pfalz sollten sich schon mal den 9. September vormerken: Da spielt der junge Künstler in der Reihe „Orgelsommer Kirchheimbolanden“ an der Mozart-Orgel der Paulskirche unter anderem Werke von Bach, Fletcher und Saint-Saëns. Am 11. November kommen die Landauer Orgelfreunde auf ihre Kosten, wenn Thorsten Grasmück unter der Überschrift „Jung und wild“ mit einem besonders temperamentvollen Recital aufwarten wird. Und auch das bleibe nicht unerwähnt: Die Jürgen-Ponto-Stiftung, die künstlerische Jungtalente fördert, hat dem bemerkenswerten Nachwuchsorganisten ein einjähriges Stipendium angeboten.

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