Rheinpfalz Keimzelle im Ortsmittelpunkt

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HAUENSTEIN. Gerade ist das Jubiläumsjahr zu Ende gegangen. 130 Jahre Hauensteiner Schuhindustrie wurden gefeiert. Dass diese Geschichte aber noch immer neu- und umgeschrieben werden kann, zeigt eine Entdeckung von Eva Seibel, einer Urenkelin des Gründervaters Carl-August Seibel. Die fand heraus, dass die erste Hauensteiner Schuhfabrik gar nicht am Ende der Haupt- hin zur heutigen Weißenburger Straße eingerichtet worden war, wie bisher gedacht, sondern in der mittleren Hauptstraße, wo heute das alte Postgebäude steht.

Über Generationen glaubte man, dass die erste von den Gebrüdern Carl-August und Anton Seibel gegründete Fabrik in dem hinterliegenden Schuppen oder den Stallräumen des Anwesens am Ende der Hauptstraße eingerichtet worden sei (alte „CA“-Seibel-Fabrik). Dort war nämlich das Elternhaus der Brüder. Es galt als sicher, dass sie dort am 1. April 1886 die in Pirmasens gekaufte Spindelstanze aufgestellt und somit den Grundstein zum größten Schuhdorf Deutschlands gelegt haben. Die in Kornwestheim lebende pensionierte Oberregierungsschulrätin Eva Seibel beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema. Durch eigenen Familienforschungen, vor allem auch aus mündlichen Überlieferungen der vor einem Jahr hochbetagt verstorbenen Martha Seibel („Frieriche-Martha“), deren Familie ebenfalls eng mit den Gründern verwandt war, kam sie schließlich zu einem eindeutigen Ergebnis: Die Brüder Carl-August und Anton Seibel, die als Bilderhändler an Weihnachten 1885 beim „Fischerwirt“ in Landau an der Isar beschlossen hatten, es den Pirmasensern nachzutun und eine eigene „Fabrik“ in Hauenstein einzurichten, stellten die eiserne Spindelstanze in einem umgebauten Schuppen hinter dem familieneigenen Anwesen in der mittleren Hauptstraße auf, genau dort, wo heute das alte Postgebäude steht. An dieser Stelle hatte bisher niemand die erste Hauensteiner „Schuhfabrik“ vermutet. Auch, weil niemand das Wohnhaus mit hinterliegendem Stall und Schuppen kannte, das bereits 1913 abgerissen worden war: „Dieses Fachwerkanwesen mit Stall und Scheune hatte mein Urgroßvater Carl-August Seibel bereits im Jahr 1875 anlässlich seiner Hochzeit in der Hauptstraße 24 erworben“, erklärt Eva Seibel. Zunächst habe er Ackerbau betrieben und dort zwei Kühe gehalten. Der Stall habe sich unten im Haus befunden, wie deutlich auf der jetzt aufgetauchten Fotografie zu sehen ist. Dort, im hinterliegenden Stall, haben die Brüder am 1. April 1886 die erste handgetriebene Pirmasenser Sohlenstanzmaschine aufgestellt, berichtet Eva Seibel. Erst später zog die „Fabrik“ auf das weiträumige bäuerliche Areal des Familienstammhauses am Ende der Hauptstraße um, das bisher als Standort der ersten Schuhfabrik galt und auf dem später das bekannte Unternehmen CA und Josef Seibel generationenlang seinen Stammsitz hatte. Grund für den Umzug war, dass die „Fabrik“ hinter dem Fachwerkhaus bei der heutigen Post schon bald zu klein geworden war. Jetzt erst errichteten Carl-August und Anton Seibel im Hof ihres Vaters Karl-Adam („Kanaal“) in den Gärten hinter der Scheune und dem Stall Teilbauten mit einem Maschinenhaus. Daraus entstand das heute in vierter Generation weltweit tätige Unternehmen mit dem Urenkel Carl-August Seibel als Geschäftsführer. Die Keimzelle war jedoch am eigentlichen Geburtstag der Hauensteiner Schuhindustrie, dem 1. April 1886, im hinteren Areal des heutigen Postgebäudes zu finden. 1890 trennten sich die Gründerbrüder einvernehmlich. Nach erfolgreichem Geschäftsgang baute Carl-August Seibel den Betrieb mit Wohnungen großzügig um. Anton Seibel gründete neben der alten Kirche einen eigenen Betrieb.

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