Eisenberg Kein Lebensmittelgeschäft mehr in der Eisenberger Fußgängerzone

Der „Nachbarschaftsmarkt“ hat dicht gemacht.
Der »Nachbarschaftsmarkt« hat dicht gemacht.

Ursachenforschung nach Schließung des Nachbarschaftsladens – Dech: „Situation ist für den Einzelhandel trübe“

Vor kurzem hat der Nachbarschaftsmarkt in der oberen Fußgängerzone geschlossen, das eiserne Rollgitter ist seitdem unten. Damit gibt es in der Fußgängerzone kein Lebensmittelgeschäft mehr. Der letzte Pächter des früheren Edeka-Ladens von Hahn-Diemer, Garip Topaktas, hat das Geschäft nach knapp zwei Jahren aufgegeben und mittlerweile einen Arbeitsplatz in der Industrie gefunden. „Seit der Rewe aufgemacht hat, gingen die Umsätze zurück. Da hatte der Laden keine Chance mehr“, so Topaktas, der das Geschäft von seinem Schwager übernommen hatte, der dieses selbst rund drei Jahre lang führte. Gisela Diemer, die Eigentümerin der zentral gelegenen Geschäftsräume, ist nun auf der Suche nach einem neuen Mieter. Zukunftschancen für einen Lebensmittelhändler in ihrer Immobilie sieht sie nicht. Sie könnte sich aber eine Arztpraxis oder Büroräume vorstellen, sagt sie. Sie sei flexibel. „Wir hatten auch schon Interessenten, aber die hätten gerne Parkplätze direkt am Laden gehabt“, so Diemer.

Zentren bluten aus

Insgesamt sehe es für den Einzelhandel im Zentrum „trübe“ aus, findet Steuerberater Dieter Dech, der als früherer Vorsitzender der Eisenberger Wirtschaftsgemeinschaft, mit den örtlichen Gegebenheiten seit Jahrzehnten vertraut ist: „Für den Einzelhandel im Stadtzentrum gibt es kaum mehr Chancen.“ Der Trend gehe schon lange zu den großen Märkten. Das gelte generell für alle Orte, deren Zentren „ausbluten“, so Dech. Hinzu komme ein enormer Werteverlust bei den Immobilien, die etwa vor rund drei Jahrzehnten in der Fußgängerzone errichtet wurden. „Damals wurden horrende Bodenpreise bezahlt“, weiß Dech. Nicht alle dieser ehemaligen Ladengeschäfte, wie beispielsweise die frühere „Fundgrube“, könnten einfach so in Wohnungen umgewandelt werden. „Wir haben im Eisenberger Zentrum rund 100 seniorengerechte Wohnungen“, führt Dech an. Da in unmittelbarer Nähe kein Lebensmittelangebot mehr vorhanden sei, könne sich mancher Senior nicht oder nur unter Schwierigkeiten mit den Dingen des täglichen Bedarfs selbst versorgen.

Appell an Einzelhändler und Kunden

Diese Befürchtung teilt auch die Eisenberger Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), wie deren Vorsitzender Jürgen Stutzenberger auf Anfrage sagte. „Gerade angesichts des demografischen Wandels ist es wichtig, dass die Grundversorgung mit Lebensmitteln im Ortszentrum sichergestellt ist“, so Stutzenberger. Denn viele Senioren seien oft nur noch zu Fuß unterwegs. Als Gründe für Geschäftsschließungen sieht Stutzenberger den Verdrängungswettbewerb, billigere Internet-Angebote, vielleicht aber auch „falsche Einkaufspolitik und zu wenig Werbung“ durch die Händler. Stutzenberger appelliert an die Einzelhändler zu stärkerer Zusammenarbeit, Kundenfreundlichkeit und zusätzlichen Dienstleistungen und ebenso an die Einwohner, durch den Einkauf vor Ort langfristig die Lebensqualität zu erhalten.

Kauth: Leerstandssituation in Innenstadt im Griff

„Es vollzieht sich ein zeitgeistbedingter Wandel“, beobachtet auch Stadtbürgermeister Adolf Kauth (FWG). Das Einkaufsverhalten der Menschen ändere sich tatsächlich, das habe natürlich vor Ort Auswirkungen. Manchmal schmerzhafte. „Um jeden Laden, der schließt, ist es schade.“ Allerdings sehe er – trotz Rewe – immer noch Chancen für einen Lebensmittelmarkt in der Innenstadt. Generell habe man die Leerstandssituation in der City im Griff. Und die Stadt versuche, ihren Einzelhändlern unter die Arme zu greifen. So habe man nie blind nur auf die grüne Wiese gesetzt, sondern Fachmarktzentrum und Rewe-Markt in Zentrumsnähe angesiedelt. Kauth: „Und das Schaffen kostenloser Parkplätze, etwa am Marktplatz und am Evangelischen Gemeindehaus, in unmittelbarer Einkaufsnähe sehen wir schon auch als Wirtschaftsförderung.“

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