Rheinpfalz „Keine Hemmungen!“

Wolfstein. Seit Januar ist Dagmar Geyer, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, mit ihrer Praxis im Wolfsteiner Ärzte- und Geschäftshaus vertreten. Herwig Buntz hat mit ihr über die ersten Erfahrungen gesprochen.

Frau Geyer, Sie stammen hier aus der Gegend?

Meine Eltern leben in Frankelbach, wo ich auch aufgewachsen bin. Inzwischen wohne ich mit meinem Mann und meinen beiden Töchtern ebenfalls in Frankelbach. Was war der Grund, dass Sie nach Wolfstein gekommen sind? Der wichtigste Grund war, dass ich eine gemeindenahe Psychiatrie für sehr wichtig halte. Bei Kliniken sind die Wege für die Patienten oft sehr weit und die Hürden höher. In der eigenen Praxis gibt es weniger Bürokratie, und ich kann flexibel reagieren. Als die Kassenärztliche Vereinigung für den Kreis Kusel eine neue Stelle für meine Fachrichtung schuf, habe ich mich dafür beworben. Wolfstein halte ich für einen guten Standort, da es Ärzte mit meinem Schwerpunkt bisher nur in Offenbach-Hundheim und in Kusel gab. Außerdem ist Wolfstein ein Unterzentrum mit einem größeren Einzugsgebiet und guten Verkehrsverbindungen. Wie war der Anfang in Wolfstein? Da habe ich viele positive Erfahrungen gemacht. Bürgermeister Herwart Dilly hat mich unterstützt und auch dafür gesorgt, dass ich in diesen schönen Räumen meine Praxis einrichten konnte. Auch die anderen Ärzte in Wolfstein waren sehr kooperativ. Von Anfang an habe ich auch eng mit dem Medizinischen Versorgungszentrum in Meisenheim und mit dem Neurologen Artur Zöllner in Landstuhl zusammengearbeitet. Gibt es im ländlichen Raum besondere psychische Erkrankungen? Der demografische Wandel führt auch hier dazu, dass verstärkt geriatrische Krankheiten behandelt werden müssen. Aber es sind hauptsächlich die gesellschaftlichen Probleme, die zu Depressionen und Angststörungen führen. Krank macht meist die berufliche Situation, die Anforderungen, die an die Menschen am Arbeitsplatz gestellt werden, der Stress und besonders die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Denn damit ist der soziale Abstieg verbunden. Betroffen sind vor allem Frauen über 50, die kaum noch Aussicht auf eine neue adäquate Arbeitsstelle haben. Vielleicht tritt dieses Problem hier in der Region stärker auf, weil das Angebot an Arbeitsplätzen wesentlich geringer ist als in den Ballungsgebieten. Wie verlief Ihre berufliche Ausbildung? Ich habe in Mainz und in Homburg Medizin studiert und war von 1994 bis 1996 in der Abteilung für Neurologie an der Rheinhessen-Fachklinik in Alzey. Dann arbeitete ich am akademischen Lehrkrankenhaus in Idar-Oberstein, wo ich meine Ausbildung zur Fachärztin in Neurologie und Psychiatrie machte. Inzwischen gab es eine Neuregelung für die gemeinsame Fachausbildung in Psychiatrie und Psychotherapie. Eine solche Ausbildung hielt ich für sinnvoll. Deshalb erwarb ich diese Qualifikation während meiner Tätigkeit am Pfalzklinikum Rockenhausen von 2005 bis 2013. In Rockenhausen wurde zu dieser Zeit eine psychotherapeutische Station eingerichtet, an deren Aufbau ich mitarbeiten konnte. Was war der Schwerpunkt innerhalb Ihrer Ausbildung? In Alzey konnte ich unter anderem Erfahrungen mit Parkinson-Patienten sammeln. Bei der Psychotherapie interessierte mich vor allem die Verhaltenstherapie. Sie ist meiner Meinung nach konkreter und handfester als die Psychoanalyse, so dass ich damit auf die Patienten besser eingehen kann. Die Verhaltenstherapie ist noch in der Entwicklung, und es gibt inzwischen einige neue Methoden. Dazu gehört, die Patienten dabei zu unterstützen, dass sie die eigenen Verhaltensmuster erkennen, differenziert reagieren und alternatives Handeln entwickeln. Können Sie dafür ein Beispiel geben? Jemand verpasst am Morgen seinen Zug. Aber anstatt damit gelassen umzugehen, bedeutet das für manche Menschen, dass jetzt der gesamte Tag negativ verlaufen wird. Wiederholen sich solche Erlebnisse, dann entstehen Verhaltensmuster, die sich verfestigen. Bei solchen Symptomen geht der Arzt gerne nach der „Sorkc-Methode“ vor. Der Patient wird angeleitet, sich mit dem Ereignis auf verschiedenen Ebenen auseinanderzusetzen, zum Beispiel mit der körperlichen Reaktion, mit den Gefühlen, die dabei entstehen, und mit den Folgerungen, die er daraus zieht. Was erwarten Sie von Ihrer Arbeit in Wolfstein? Ich wünsche mir, dass Menschen mit psychischen Problemen keine Hemmungen haben, mich aufzusuchen. Ich will mich mit meinen Patienten „auf Augenhöhe“ treffen, ihnen zuhören und helfen, so gut ich kann. (dhb)

x