Rheinpfalz Koalitionspoker um Geld und Posten

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(kad/nob). Die Verhandlungen zwischen SPD, FDP und Grünen über die Bildung einer Regierungskoalition in Rheinland-Pfalz könnten schon heute zum Abschluss kommen. Seit gestern tagt nur noch die zentrale Verhandlungsgruppe im Gästehaus der Landesregierung. Die Arbeitsgruppen haben ihre Berichte abgeliefert. Der Entwurf für den Koalitionsvertrag soll rund 150 Seiten dick sein und noch mehrere strittige Punkte haben.

Mainz

Streit scheint es vor allem ums Geld zu geben. Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) verteidigt eisern den Sparkurs, um 2020 die Schuldenbremse einhalten zu können. Dabei geht es dem Vernehmen nach nicht nur um Projekte von FDP und Grünen, sondern auch um SPD-Anliegen. Die Ausgangslage: Um bis 2020 wie von der Verfassung vorgeschrieben keine neuen Schulden mehr zu machen, müssen noch 420 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden. In der Diskussion ist offenbar der Abbau von Personal des Landes in der Größenordnung von 1200 bis 2000 Stellen. Vor allem in der Mittelinstanz der Verwaltung wird Einsparpotenzial gesehen. Ein Knackpunkt ist auch noch die Idee der SPD, die Grunderwerbsteuer anzuheben. Im Bereich Bildung hat sich die Arbeitsgruppe darauf verständigt, die Unterrichtsversorgung zu verbessern. Was machbar ist, muss noch im Lichte des Haushalts diskutiert werden. Im Verkehrsbereich ist unklar, ob zu den bereits beschlossenen Erhöhungen für die Infrastruktur 20 oder gar 100 Millionen Euro zusätzlich im Jahr fließen werden. Dass die Infrastruktur, zu der auch der Flughafen Hahn gehört, in ein von FDP-Landeschef Volker Wissing geführtes Wirtschaftsministerium wechselt, scheint beschlossen zu sein. Dagegen werden Energie- und Klimaschutz vom Wirtschafts- zum Umweltministerium von Ulrike Höfken (Grüne) wechseln. Einigkeit scheint darüber zu herrschen, dass die umstrittene Energieagentur bestehen bleibt. Dagegen war bis zuletzt noch die Frage offen, wie groß der Abstand von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung künftig sein soll. Derzeit sind 800 Meter empfohlen. Bis zum Schluss ringen vor allem FDP und Grüne noch um Landwirtschaft und Weinbau, der Bereich ist derzeit im Ministerium von Höfken angesiedelt und verfügt über ein dreistelliges Millionenvolumen, vor allem EU-Fördermittel. Denkbar scheint, dass der vergleichsweise kleine Bereich der ökologischen Landwirtschaft bei Höfken verbleibt. Das Wirtschaftsministerium würde damit deutlich wachsen. Im Gespräch ist bereits, dass dafür zwei Staatssekretäre benötigt würden. Neben der stellvertretenden FDP-Landesvorsitzenden Daniela Schmitt, Regionaldirektorin der Mainzer Volksbank, wird Christopher Sitte, Wirtschaftsdezernent in der Stadt Mainz, genannt. Die SPD-Seite, an deren Spitze Ministerpräsidentin Malu Dreyer steht, hat sich dem Vernehmen nach durchgesetzt, dass die Zuständigkeit für den Bereich Integration und damit auch für die kommunalen Ausländerbehörden zum Innenministerium von SPD-Landeschef Roger Lewentz wechselt. Das Ministerium von Irene Alt (Grüne) wäre dann nur noch für frühkindliche Bildung und Frauen zuständig. Dass Alt als Ministerin weitermacht, gilt als sicher. Dagegen hört Staatssekretärin Margit Gottstein offenbar auf. Als Nachfolger werden der Fraktionschef der Grünen, Daniel Köbler, oder der künftig nicht mehr dem Landtag angehörende Parlamentarische Geschäftsführer Nils Wiechmann gehandelt. Köblers Neigung entspricht es allerdings mehr, Parlamentarier zu sein. Wiechmann wird außerdem als möglicher stellvertretender Regierungssprecher genannt. Das ist eines der wenigen politischen Ämter, die die Partei besetzen kann. Zu Spekulationen, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anne Spiegel, würde Alt als Ministerin nachfolgen, heißt es, das sei allenfalls in zwei bis drei Jahren denkbar. Spiegel hat bereits ihren Hut in den Ring geworfen, um künftig die sechsköpfige Fraktion zu führen. Köbler hat seinen Verzicht auf das Amt nach der Wahlniederlage erklärt. Auch die bisherige Wirtschaftsministerin Eveline Lemke wird künftig einfache Abgeordnete sein. Die SPD wird das Justizministerium an die FDP verlieren. Minister könnte Herbert Mertin werden. Überlegungen, die Zuständigkeit für die Hochschulen und die Kultur in ein eigenes Ministerium neben dem Bildungsministerium zu verlagern, scheinen vom Tisch zu sein. Die Grünen wollen die Parteibasis über den Koalitionsvertrag entscheiden lassen und bei einem Parteitag am 14. Mai über Personalbesetzungen abstimmen. In der FDP wird über einen kleinen Parteitag am 9. Mai nachgedacht; ebenso in der SPD, wobei der Termin noch offen ist.

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