Rheinpfalz Kommentar: Die Politik der Selbstzerstörung

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Martin Schulz und Andrea Nahles: Unser Autor fragt sich, wer diese Leute eigentlich noch erträgt.

Wenn Politiker von Inhalten reden und an Posten denken, stirbt die Glaubwürdigkeit – das einzige Gut, mit dem tatsächlich Politik für die Menschen zu machen wäre.

„Ich kann nur hoffen, dass sich mit dieser Entscheidung von Martin Schulz jetzt alles auf die Inhalte konzentriert.“ Dieser Satz von Andrea Nahles macht wütend. a) Weil er wahr ist: Nahles kann nur noch hoffen. b) Weil er als Appell – und nur so war er gemeint – unsagbar heuchlerisch ist. Nahles und Schulz waren es, die das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen überlagert, ja vergiftet haben mit der Ankündigung, sie solle Parteichefin, er Außenminister werden. Wer soll ihnen nach dieser Dramaturgie und diesem Postengeschacher im Hinterzimmer abnehmen, dass es ihnen um Inhalte geht, ums Politikmachen, um das Gestalten von Zukunft? Wenn der Europapolitiker Schulz, damals Hoffnungsträger, im Bundestagswahlkampf überhaupt ein Thema hätte setzen können, es wäre Europa gewesen. Er tat es nicht, weil er befürchtete, so nicht Kanzler zu werden. Posten vor Inhalt, klarer hat man das selten gesehen. Der letzte SPD-Kanzler Gerhard Schröder war gewiss nicht in allem Vorbild. Aber mutige Hartz-IV-Reformen setzt nur um, wer etwas verändern will und dabei seine Karriere aufs Spiel setzt. So geht Politik. Sigmar Gabriel hat den Parteifreund Schulz vernichtet, weil er Außenminister bleiben wollte. Die CDU hat sich im Koalitionspoker bis aufs Blut erpressen lassen, weil Angela Merkel Kanzlerin bleiben wollte. Merkel, Schulz, Seehofer haben beim Koalitionspoker um ihre Karrieren gerungen, nicht um die Zukunft des Landes: Das ist die Botschaft im Februar 2018. Das Traurige, Desaströse an der Lage der SPD, ja der großen Parteien: Es ist ein Schockzustand erreicht, an dem Inhalte beim Volk kaum mehr Wirkung zeigen werden. Wer erträgt diese Leute noch? Wäre der Koalitionsvertrag der beste der Welt – er würde wohl verpuffen. Hätte die SPD statt drei Schlüsselministerien fünf gekriegt oder alle: Es hätte ihr bei der nächsten Wahl nichts gebracht. Glaubwürdigkeit ist, was das Land braucht und was der Wähler honorieren kann. Personen sind gesucht, die gestalten wollen, nicht nur etwas werden oder bleiben. Die SPD kann dieser Weg in den Untergang führen. Sie kann ja mal ihre Kollegen, die französischen Sozialisten, fragen, wie schnell so etwas geht.

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