Kultur Südpfalz Lachende Affen und mehr Beat aus Afrika

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„Ich will euch cool tanzen sehen!“, ruft der Frontman von Annie Questions? in den Saal. Klar doch. Füße scharren, Tanzbeine schwingen, Haare fliegen, heute Nacht gehört die Party den individuellen Freestylern, die sich bewegen, als sähe ihnen keiner zu. Gut so. Denn der groovige, funkige Sound der vielköpfigen Band geht direkt ins Blut. Bandleader und -gründer Dr. Funky P. im weißen Rüschenhemd – in seinem anderen Leben bekannt als Roland Gimmler von der Uni Landau – röhrt mit souliger Stimme „I’m so in love with you“; bei Led Zeppelins „Whole lotta love“ oder dem Evergreen „Brazil“ entfaltet die Band ihre fulminante Klangpalette. Rund 150 Besucher sind am vergangenen Samstag zum Music-&-Art-Festival „The Rainbow Children“ ins Alte Kaufhaus gekommen. Es wären sicherlich mehr gewesen, wenn nicht zeitgleich im Eduard-Spranger-Gymnasium die Landauer Kultband Dosenbier ihr 40-Jähriges gefeiert hätte, was sich viele Szenegänger der alten Garde wohl nicht entgehen lassen wollten. Geht aber klar. Das Rainbow-Festival ist sowieso erfrischend anders. Es will ja nicht die von den älteren Semestern oft glorifizierte Hippie-Ära wieder aus der Gruft holen, sondern auf die heutige gesellschaftliche Vielfalt aufmerksam machen, dabei Musik von damals im neuen Gewand präsentieren und mit Kunst und aktuellen politischen Themen verknüpfen. An Infoständen im Foyer des Alten Kaufhauses plaudern Besucher mit jungen Leuten von Gruppen wie Amnesty International und Refugees Welcome, die sich für politisch Verfolgte oder die Anliegen von Flüchtlingen einsetzen. Die Landauer Hochschulgruppe Queerulanten, die sich für verschiedene sexuelle Orientierungen stark macht, präsentiert sich ebenso wie der Stammtisch Barrierefreies Landau. Die Karlsruher Künstlerin Judith Marion Arndt stellt ihre farbenfrohen Bilder aus, der Secondhandshop Hoppla aus Bad Bergzabern verkauft Kleidung und Accessoires. Als musikalischer Eisbrecher noch vor Annie Questions? bewährte sich eine Etage höher Bossa 68, eine erfrischende Band aus dem Saarland, die es versteht, mit brasilianischen Klassikern wie „Mas que nada“ – jeder kennt den Refrain: Oooo, aria raio, oba, oba, oba – die Konzertbesucher aufzutauen. Sebastian Dingler (am Kontrabass) ist in Kandel aufgewachsen und freut sich über den Gig in der alten Heimat. Der Sound der fünf Bossa-68-Musiker mit Sängerin (Lilly Pazmann) lässt den grauen November vergessen und die Copacabana näherrücken. Interessantes Tonwerk: die Reibetrommel Cuíca (Dingler: „Ein Quietschinstrument, und es heißt auch so“). Mit der sogenannten Lachtrommel, die überwiegend in der Sambamusik verwendet wird, lassen sich eigenartige Geräusch erzeugen, sie kann jaulen wie ein Hund und kreischend lachen wie eine ganze Affenherde. Das Publikum ist entzückt. Die eigentliche Festivalüberraschung bringt der Schluss: mit dem Auftritt von Do The Daktari, fünf Jungs in weißen Hemden, die sich voller Leidenschaft dem schwarzen Afro-Beat der 60er- und 70er-Jahre widmen. Ihr exotischer Sound klingt so mitreißend, dass sich die Tanzfläche sekundenschnell füllt. Ein übersprudelnder Sound-Whirlpool groovt von der Bühne, Saxofon, Flöte, Trommeln, Gitarren erzeugen einen wilden, einfallsreichen Mix aus Afro-Beats, Latin und Noch-Nie-Gehörtem. Festival-Initiator Roland Gimmler kann sich gut vorstellen, das im Zusammenarbeit mit dem Kulturzentrum Alten Kaufhaus auf die Beine gestellte Event nächstes Jahr zu wiederholen – „und dann vielleicht noch eins draufzusatteln“. |ovi

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