Kultur Südpfalz Lob der Genügsamkeit

„Die Macht der Töne“ von Benno Huth.
»Die Macht der Töne« von Benno Huth.

„Poesie und Wirklichkeit“ steht über der aktuellen Schau der Kunststiftung Werner Brand im Bienchenhof in Hochstadt. Es ist eine Schau mit Bildern und Skulpturen überwiegend von Künstlern der Vereinigung „Pro Arte Imaginis Realistes“, kurz „P.A.I.R“.

Die „P.A.I.R“ vereinigt realistische, symbolische und visionäre Maler und Bildhauer aus der Pfalz, Baden und dem Elsass. Die Motive sind das Abbild des Menschen als Teil der Natur und als geistiges Wesen, die Natur als Landschaft, Besinnung in Stillleben. Lars Lehmann führt mit geometrischen Figuren zum Titel „Quark und Tomatenmark“ das Prinzip des automatisch ergänzenden Denkens als besondere Hirnleistung des Menschen vor Augen. Der Franzose Jean-Noel Riou setzt in ein großformatiges Gemälde mit dem Titel „Corosion“ einen in den wolkenverhangenen Himmel strebenden sterbenden Baum in eine verkümmerte Landschaft. In seine Wurzeln hat sich Schrott verfangen und rote Wunden verursacht. Der Elsässer Bruno Altmayer setzt im Gemälde „Telekom“ seine visionäre Sicht auf die globale Welt vom Embryo bis zum Astronauten in einen Rahmen aus elektronischen Schaltplatten. In Anlehnung an eine Niederschrift des großen Philosophen Friedrich Nietzsche steht „Unzeitgemäße Betrachtung“ über einem großformatigen Gemälde, das der Gegensätze wegen die Blicke anzieht: Unter eine farbenprächtigen Lünette mit einem Putto, der in blühender Landschaft auf samtenem Tuch Lyra spielt, setzt der Maler und Bildhauer Ulrich Julius Sekinger aus Karlsruhe in gebrochenem, an Marmor erinnerndes Weiß die nackte Büste Nietzsches Ton in Ton vor die Wand im Hintergrund. Sekinger ist einer der Gründerväter der „Unzeitgemäßen“ und Initiator der Vereinigung „P.A.I.R.“. Aus der Reihe der Bildhauer besticht eine Marmorskulptur von Rolf Rohrbacher, die von beiden Seiten betrachtet ein Paar mit zwei Gesichtern darstellt. Erwin Schinzel zeigt ästhetische Frauengestalten in Bronze, Franz Leschinger den Kopf von „Dr. Jung“. Als Gast ergänzt Rudi Bannwarth die Schau mit zwei Skulpturen aus Lindenholz: Ein junger Mann mit Albert Einstein als „Message“ auf seinem Pullover und einer, der mit einem überdimensionalen Brotlaib vor der Brust dem Betrachter als mahnendes Kreuz erscheint: „Um Brot wird nicht gezockt“. Mit Nobuki Omori, Toru Nogawa, Shoji Tanaka und Andrew Jones erweitern in Hochstadt vier Japaner den veränderten Blick auf die Wirklichkeit mit märchenhaften Figuren, Elfen, goldglänzenden Einhörnern und stark von Linien geprägten Porträts. Den vielseitig tätigen Künstler Werner Brand, der sein Anwesen in Hochstadt mitsamt seinem Lebenswerk einer Stiftung gewidmet hat, ehrte der Kunstpädagoge Günther Diehl in der Einführung mit der Ausdeutung eines dreiteiligen Quittenstilllebens: Die Hausfrau erinnern die Quitten an leckere Marmelade und Kompott. Der Gärtner sieht „birnenförmige Früchte“, der Naturheilkundler kennt die Wirkung der Frucht gegen Durchfall. Der Kunstexperte aber entschlüsselt die Bildkomposition und begreift die Aussage. Brands Botschaft in der Wahl der Quitte ist demnach das einfache ländliche Leben, die Genügsamkeit. Eine weitere Botschaft erschließt sich aus dem Zustand der Früchte: die Faulen stehen für die Vergänglichkeit, von links nach rechts „gelesen“ nimmt im Trip-tychon die Bedeutung der Vergänglichkeit zu. Diehl spannte in seiner Entschlüsselung den Bogen über die Geistesverwandtschaft Brands zum Heiligen Franz von Assisi, der in seinem „Sonnengesang“ zur Demut mahnt, zu Papst Franziskus, der sich in seiner Enzyklika „Laudato si“ auf seinen Namensgeber bezieht. Im weltethischen Maßstab sei Genügsamkeit der Gegenpol zur Globalisierung. „Wenn Genügsamkeit nicht gelingt, schafft sich die Menschheit ab“, zitierte Diehl das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. Werner Brand vernahm dies gerührt und fühlte sich geehrt. Info Bis 20. September, Hauptstraße 3, Hochstadt, Mittwoch 17 bis 20 Uhr, Samstag 14 bis 20 Uhr, Sonntag 11 bis 18 Uhr.

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