Kultur Südpfalz Lyrik und Leidenschaft

Im Herbst begeisterten der Bariton Hans Christoph Begemann und sein Klavierpartner Thomas Seyboldt in der Villa Wieser in Herxheim mit Beethoven-Liedern. Nun sangen sie bei der heimischen Schubertiade im gut besuchten Asamsaal Heine-Lieder. Die Bandbreite der Vertonungen reicht von Schubert bis Rihm.

Über 10.000 Lieder von 2500 Komponisten sollen sich der Lyrik Heinrich Heines gewidmet haben und ihn zum wohl meistvertonten deutschen Dichter gemacht haben. Das erfahrende Liedduo Hans Christoph Begemann und Thomas Seyboldt bot unterschiedliche Heine-Vertonungen, die unterstreichen, dass von dessen Zeitgenossen bis zur Gegenwart die Faszination der Lyrik Heines auf Komponisten kaum nachgelassen hat. Wobei Begemann mit seinem kraftvollen Bariton der etwas kraftmeierischen Emphase des 18-Jährigen Grieg wie bei „Eingehüllt in graue Wolken“ mit geradezu gestischem Singen gerecht wird. Der nur wenige Jahre ältere Hans Pfitzner überrascht bei Heine-Liedern schon mit interessanten harmonischen Einfärbungen, die von dem ausdrucksstarken Bariton und seinem erfahrenen Klavierpartner ausgekostet werden. Robert Schumanns Liederkreis op. 24 gibt Begemann viel Gelegenheit, seine leicht ansprechende hell timbrierte Höhe differenziert einzusetzen. Die Textverständlichkeit ist exzellent, aber Begemann gibt den Versen zudem immer Sinn. Und neben einer hervorragenden Pianokultur, der sehr ausgeglichene Bariton zeigt nur gelegentlich Rauheiten der Mittellage, ist Begemann auch ein Expressivo-Sänger, der bei „Warte, warte, wilder Schiffmann“ zur fast opernhaften Dramatik greift. Immer wieder gelingen ihm, von Seyboldt unterstützt, Inseln lyrischer Innigkeit. Depressive Wucht prägt die sechs Lieder aus Schuberts „Schwanengesang“, vom wuchtigen „Atlas“ über das „Fischermädchen“ bis hin zum fast depressiven „Der Doppelgänger“. Dass das Liedduo sich seit vielen Jahren dem Schaffen von Wolfgang Rihm verbunden fühlt, unterstreicht sein Einsatz für die sieben zum Zyklus geschweißten Vertonungen von Heines „dort wie hier“ von 2015. Begemann geht dem mit höchsten Intensität des Ausdrucks und Differenzierungskunst nach, wobei die Zyklus doch sehr nach kompositorischem „L’Art pour L’Art“ klingt. Es ist eine „Materialerkundung“ der besonderen Art, eine Beleuchtung des todesgetränkten Textes unter Verwendung unterschiedlicher Techniken, eine Art klingendes Kompendium des Komponierens im 20. Jahrhundert. Sehr artifiziell und trotz des Einsatzes des Duos etwas geschmäcklerisch.

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