Rheinpfalz Mit dem grünen Wall gegen Neonazis

Neonazis haben Ökologie und Naturschutz als Thema für sich entdeckt. Meint zumindest die Mainzer Umweltministerin Ulrike Höfken, die in der vergangenen Woche dazu mit 25 Teilnehmern des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) ein Sommerlager in Lemberg veranstaltete. „Naturschutz gegen Rechtsextremismus, neues Denken am Westwall“ lautete der Titel des Seminars, mit dem das Ministerium gleich zwei Themenfelder bearbeiten wollte.

Mit dem von Donnerstag bis zum gestrigen Sonntag dauernden Sommerlager hat das Ministerium richtig geklotzt. Hochkarätige Referenten vom Redakteur der Tageszeitung (taz), Vertretern der Gedenkstätte KZ Osthofen, Umweltexperten des Bund für Umwelt und Naturschutz bis zu Historikern, waren nach Lemberg auf den Jugendzeltplatz beim SV Lemberg gekommen, um mit den 25 Jugendlichen im Alter von 16 bis 25 Jahren aus ganz Deutschland zu diskutieren. Das Spektrum der täglichen Theoriestunden reichte vom Bericht eines Aussteigers aus der rechten Szene über den aktuell laufenden NSU-Prozess bis zum eigentlichen Thema, dem Naturschutz aus Sicht der Rechtsextremen. „Natürlich deutsch“ lautete ein Slogan der NPD im Europa-Wahlkampf, erzählt der Leipziger Historiker Nils Franke. Mit Parolen wie „Der Naturschutz muss wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden“ werbe die rechtsextreme Partei gezielt um junge Anhänger, für die ökologische Themen wichtig sind. Die ökologischen Thesen der NPD und anderer rechtsextremer Gruppierungen seien ohne Kennzeichnung schwierig als rechtes Gedankengut zu identifizieren, erklärt der Historiker. Umweltschutz werde von den Rechten mit „Heimatschutz“ gleichgesetzt, womit die Nazis dann die Kurve zu ihrer Blut- und Boden-Ideologie bekämen und in einem Atemzug gegen EU-Richtlinien, Masseneinwanderung und angebliche Überfremdung hetzen könnten. Dem sollte mit dem Sommerlager gegengesteuert werden. Argumentationshilfen für die Auseinandersetzung mit den Rechten vor Ort wollten die Referenten den 25 jungen Menschen liefern. Dazu passte dann auch die Thematik des Westwalls, der nach dem Willen der Landesregierung zu einem „Grünen Wall im Westen“ werden soll, wie Höfken den Jugendlichen am Freitagabend persönlich erklärte. Aus der nationalsozialistischen Kriegsmaschinerie, die mit Milliardenaufwand in die Grenzregion betoniert wurde, habe sich im Laufe der Jahrzehnte ein wertvoller Biotopgürtel von Aachen bis an die Schweizer Grenze entwickelt, den es nicht nur aus Naturschutzgründen zu schützen gelte. Höfken betonte den Wert der mehrere tausend Westwallbunker für die Erinnerungskultur. „Die Forderung, den Westwall zu erhalten, wird völlig zu Recht erhoben“, meinte die Ministerin, für die eine Zerstörung der Bunkerruinen einer Zerstörung der Erinnerung an eine wichtige Facette des nationalsozialistischen Unrechtsregime gleich käme. Den Westwall will die Ministerin stattdessen lieber zu einem Ort der Begegnung machen für politische Bildung und Friedensarbeit. Das gestern beendete Sommerlager soll nur der Auftakt zu weiteren Veranstaltungen sein, kündigte Höfken an. Vor allem soll der grenzüberschreitende Charakter der Veranstaltung ausgebaut werden. Gestern war die Gruppe dazu nach Niederbronn-les-Bains im Elsass gefahren, um an der Albert-Schweitzer-Begegnungsstätte erste deutsch-französische Kontakte zu knüpfen. Mehrere Broschüren zum Thema wurden aufgelegt und eine davon, „Naturschutz gegen Rechtsextremismus“, habe bereits mehrfach aufgelegt werden müssen, da sie inzwischen bundesweit angefordert werde, wie Höfken am Freitag erzählte. Das Sommerlager soll jährlich angeboten werden. Mitveranstalter des Lagers waren das FÖJ Rheinland-Pfalz, die Landeszentrale für politische Aufklärung, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sowie die Naturschutzjugend (Naju). (kka)

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