Eisenberg Morgens um sechs zwölf Kühe gemolken

Herta Barth
Herta Barth

Herta Barth feiert heute ihren 90. Geburtstag. Die zierliche Dame ist schon viel herumgekommen und hat eine Menge erlebt.

In Wehlau in Ostpreußen geboren und auch zur Schule gegangen, ist sie im Alter von 18 Jahren 1945 zusammen mit ihrer Mutter, ihrer hochschwangeren Schwester und ihrem Neffen nach Sachsen geflüchtet. „Doch dort war der Russe, also mussten wir wieder weiter“, erinnert sie sich. So kam sie schließlich in die Nähe von Flensburg, wo sie bei einem Bauern unterkam. „Meine Aufgabe dort war es, die zwölf Kühe zu melken, was bedeutete, dass mein Tag um 6 Uhr morgens im Kuhstall begann“, erzählt sie lachend. Dreieinhalb Jahre blieb sie dort und lernte in der Zwischenzeit ihren Mann kennen, der aus dem Sudetenland geflüchtet war. „Wir haben dann bald geheiratet“, so die rüstige Rentnerin weiter. Als 1950 die ersten Vertriebenen sich in Richtung Pfalz aufmachten, war sie gleich dabei. „Es wurden dringend Arbeitskräfte gesucht, und so kamen wir nach Eisenberg, wo mein Mann bei der Firma Gienanth eine Anstellung fand. Ich selbst ging mit Bauern ins Feld, habe Kartoffeln gesteckt und alles gemacht, was dort so anfiel“, berichtet sie. Als sie 1951 schwanger war, beendete sie ihre Arbeit bei den Bauern, da die Erschütterungen bei Traktorfahrten der Schwangerschaft nicht gut taten. Nach der ersten möblierten Wohnung zog ihre Familie dann in eine kleine Werkswohnung von Gienanth. Dem ersten Sohn folgten noch ein weiterer Sohn und eine Tochter. „Ich war dann Hausfrau und Mutter. In freien Minuten entdeckte ich mein großes Hobby: die Malerei“, schwärmt sie. Tatsächlich hat sie überall in ihrer Wohnung selbst gemalte und gestickte Bilder aufgehängt, die allesamt echte „Hingucker“ sind. „Ursprünglich hätte ich gerne Kunst studiert, aber durch den Krieg und die Umstände war dies leider nicht möglich“, bedauert sie und ergänzt: „Ich male nach Vorlagen, zeichne zunächst mit dem Bleistift vor und male dann mit Aquarellfarben aus.“ Die Vorlagen sind ganz unterschiedlicher Natur: Kalenderblätter, Fotos oder Bilder aus Zeitschriften. Vor Kurzem musste sie eine Augen-Operation über sich ergehen lassen, von der sie noch nicht vollständig genesen ist. „Im Moment male ich mit Lupe, aber ich bin guter Dinge, dass sich die Augen wieder bessern, damit ich mein großes Hobby wieder uneingeschränkt ausführen kann“, hofft sie und meint: „Ich lebe gerne und freue mich an meiner Malerei und den Stickbildern.“ Derzeit arbeitet sie an einem Bild, das eine Rehmutter mit ihrem Kitz im Wald zeigt. Sie hat zwei Enkelkinder, von denen sie den Älteren mit großgezogen hat. „So konnte meine Tochter weiter arbeiten gehen“, erklärt sie. Ihr Leben lang war sie stets sportlich, ging regelmäßig schwimmen, was sie krankheitsbedingt vor fünf Jahren aufgeben musste. „Meine Gymnastik mache ich aber noch regelmäßig, deshalb kann ich auch noch gut laufen“, betont sie. Durch ihre Tochter und deren Mann erfährt sie große Unterstützung im Haushalt und beim Einkaufen, sie kocht sich allerdings noch selbst. „Ich habe gute Kinder – auch mein jüngster Sohn kommt jeden Sonntag“, erzählt sie freudig. Ihren Ehrentag feiert sie im engsten Familienkreis.

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