Rheinpfalz Nicht „ganz an den Schluss“ rücken

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Die Westrichdörfer entlang und abseits der B 270, zwischen Nahe und Glan und im Grenzgebiet der drei Landkreise Birkenfeld, Bad Kreuznach und Kusel haben ein Problem: Sie leiden unter ihrer Strukturschwäche und fühlen sich „abgehängt“. Daher engagieren sich die Kommunen in der Initiative „Zwölf plus“. Ihr Ziel: dem demografischen Wandel entgegenwirken. Bei ihrem Treffen am Donnerstag ging es erneut um Verkehr, Internet und Wanderwege.

Erst waren es „die Acht“, dann schlossen sich weitere Dörfer zu den „Zwölf“ zusammen, und seit rund einem Jahr sind in der Initiative „Zwölf plus“ nun auch Gemeinden der Landkreise Birkenfeld und Bad Kreuznach mit im Boot. Die rund 20 kommunalen Vertreter des ehemaligen „Amt Grumbach“ kämpfen gleich an mehreren Fronten, wie beim jüngsten Treffen im Archiv-Gewölbekeller im Grumbacher Schloss deutlich wurde. Wenn auch der steinerne Keller ein toller Ort ist – nicht nur die Damen fröstelten bei der zweieinhalbstündigen Sitzung wegen der Kühlschrankkälte, niesten und hüstelten. Die wenigen aufgestellten Teelichter konnten nicht helfen; immerhin kam die von Ortsbürgermeister Markus Christian zu Beginn ausgesprochene Einladung zum Adventsmarkt genau passend... Doch bis dahin ist es noch etwas Zeit. Aktuell haben die Wanderer Saison. Eingeladen war Jürgen Wachowski, Wanderweg-Experte im Auftrag der Kreisverwaltung. In seinem allgemeinen Vortrag illustrierte er die Schritte zur Errichtung eines zertifizierten Wanderweges, von den Kosten über Sicherheitsbelange bis hin zu Qualitätsstandards und Marketing. Wachowski empfahl einen Prädikatsweg, denn „Rundwanderwege bringen nicht viel“. Die Vorzertifizierung koste pro Kilometer 50 Euro. Anschließend seien für die endgültige Zertifizierung bei einer Strecke bis 50 Kilometer 1670 Euro fällig. „Es ist zwar eine Randregion, aber auch eine der schönsten Regionen“, sagte er. Als Problem sahen die Vertreter der „Zwölf plus“ fehlende Gaststätten und Einkehrmöglichkeiten. Thomas Weyrich vom Wirtschaftsservicebüro des Landkreises informierte über schnelllebige Entwicklungen bei der Breitbandversorgung. Waren 2013 noch zwei Mbit anvisiert, seien für 2018 50 Mbit und danach um 100 geplant. Weyrich kündigte für die Kreisausschusssitzung am 1. Juni die Beauftragung eines Beratungsunternehmens an, welches ein Konzept für den Glasfaserausbau ausschreiben solle. Wie berichtet, wird das Projekt mit Bundeszuschüssen gefördert. Der Empfang in den betroffenen Orten variiert offenbar von unter fünf bis 100 Mbit. „Jeder fragt mich nach Infrastruktur, Internet, Kitas“, berichtete Ortsbürgermeister Otto Schützle aus Sien. Und sein Kollege Martin Henning (Buborn) berichtete, dass er mit Anfragen zum Breitbandausbau vom Landkreis über Monate hinweg „im Regen stehen gelassen“ worden sei. Wenn die Umsetzung „wieder so läuft, sind wir erneut ganz am Schluss“, gab Karl Christian Michel aus Unterjeckenbach mit Blick auf die gescheiterte Umsetzung einer Universitätsstudie aus Rostock zu bedenken. „Dann gibt es den Kreis Kusel vielleicht gar nicht mehr...“ Zu den von Weyrich genannten Kosten – der Ausbau mit FTTB koste pro Haushalt in dünn besiedelten Regionen 2500 bis 5345 Euro – blieb die Frage von Langweilers Erstem Beigeordneten Roland Edinger: „Wer soll das bezahlen?“ unbeantwortet. Dafür schlug Ortsbürgermeister Reimund Steitz aus Mittelreidenbach eine Lösung zur Verkehrsanbindung des Reidenbachtals an die Verbandsgemeinde Lauterecken-Wolfstein vor. Danach soll eine neue Buslinie zwischen Lauterecken und Fischbach-Weierbach eingerichtet werden. Alle Gemeinden, die direkt an der B 270 liegen, sollen angefahren werden. Die Kosten sollen nach Vorstellungen der Initiative die Landkreise Kusel und Birkenfeld miteinander verhandeln. Ziel sei eine Verknüpfung mit regionalen und überregionalen Zugverbindungen. Der Vorschlag soll in allen Ortsgemeinderäten der „Zwölf-plus“-Dörfer beschlossen werden und weiter an Verbandsgemeinden und Landräte geleitet werden. Im vergangenen Mai waren die „Zwölf plus“ zu ihrem ersten Treffen in Merzweiler von Ortsbürgermeisterin Klaudia Schneider eingeladen worden. Mit im Boot sind die Dörfer Buborn, Deimberg, Grumbach, Herren-Sulzbach, Homberg, Hoppstädten, Kappeln, Kirrweiler, Langweiler, Merzweiler, Mittelreidenbach, Oberreidenbach, Otzweiler, Schmidthachenbach, Sien, Sienhachenbach und Unterjeckenbach. Ortsbürgermeisterin Klaudia Schneider und ihr Kollege aus Unterjeckenbach sind am Verfassungstag (23. Mai) beim Bundespräsidenten in Berlin eingeladen. Bei dieser Gelegenheit hofft Schneider, Joachim Gauck für die Anliegen der „Zwölf plus“ interessieren zu können. (suca)

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