Kultur Südpfalz Rio lässt die Petticoats fliegen

Kiloschwere Suits nach den Originalen des King schleppt Rio über die Bühne und wirkt doch leichtfüßig.
Kiloschwere Suits nach den Originalen des King schleppt Rio über die Bühne und wirkt doch leichtfüßig.

Star des Abends war natürlich Rio, nach Ansicht von Wettbewerbsjuroren einer der besten Elvis-Imitatoren weltweit. Der Sänger ist gerade erst von Konzertreisen nach Kanada und Dubai in seine deutsche Heimat zurückgekehrt. Seine Vorstellung war den Shows nachempfunden, die Presley zwischen Juli 1969 und Dezember 1976 insgesamt 635 mal im amerikanischen Las Vegas aufgeführt hat. Begleitet wurde er von einer hervorragenden Band und der fünfköpfigen Bläsersektion The Tennessee Orchestra, die extra für diesen Auftritt aus Polen angereist war. Privates ist über Rio nur wenig zu erfahren, sogar seinen bürgerlichen Nachnamen behält der Sohn eines sizilianischen Vaters und einer deutschen Mutter für sich. Schon vor Jahren hat er den Künstlernamen „Rio the Voice of Elvis“ in seinen Pass eintragen lassen. Rio ist Elvis – fertig, mehr wäre dazu nicht zu sagen. „Für mich gibt es einfach nur Elvis, nicht bloß auf der Bühne“, sagt er. Sogar Elvis’ Leidenschaft für Kampfsport teilt er. „Damit halte ich mich seit Jahren fit“, erzählt Rio. „Das ständige Touren um den gesamten Erdball, die vielen Auftritte – all das erfordert viel Kraft und Ausdauer. Deshalb ist Sport und körperliches Training für mich einfach unerlässlich.“ Tatsächlich leistet der 54-jährige auf der Bühne Schwerstarbeit. Der mit Edelsteinen besetzte weiße „Thunderbird“-Jumpsuit, dessen Original Elvis bei seinen Auftritten in der Spielerstadt in Nevada immer trug und dessen Kopie Rio für seine Gigs direkt von Presleys persönlichem Schneider herstellen ließ, wiegt mit Gürtel sage und schreibe 16 Kilogramm. Und der ebenfalls nicht viel leichtere „Black Spanish Flower Suit“, in den er in der zweiten Konzerthälfte wechselt, ist auch nicht sehr viel leichter. Trotz dieses enormen Gewichts seiner Kleidung wirken Rios Bewegungen leichtfüßig und gelenkig. Allein solcher Höchstleistung gebührt Hochachtung. Doch was ist das schon gegen die einzigartige Stimme, die einem aus den Lautsprechern entgegen hallt? Die überzeugte sogar letzte Zweifler, die sich zu Beginn der Vorstellung noch skeptisch zeigten – gibt es doch genügend Elvis-Nachahmer, die mit zweifelhaftem Können dem Denkmal des Kings eher Schande bereiten. Nach dem von der Instrumetalabteilung live gespielten Intro „Also sprach Zarathustra“ stürmt Rio auf die Bühne und eröffnet, genau wie es das große Vorbild hundertfach getan hat, mit „See See Rider“. Und dann rollt der Hit-Express: „I Got a Woman“, „That’s Alright Mama“, „Heartbreak Hotel“, „Don’t Be Cruel“, „Teddybear“, „Love Me Tender“, „Are You Lonesome Tonight“. Längst hält es die Zuhörer nicht mehr auf den Sitzen. Rio, der King der Kings, hat sie alle im Griff. Aus „Blueberrry Hill“ improvisiert er spontan ein sympathisches „(I Found My freedom On) Landau Hill“, und zu „All Shook Up“ erteilt er die Freigabe zum Partymachen. „Ihr seid hier zuhause, wir sind nur zu Gast und da um euch zu unterhalten. Also nehmt keine Rücksicht auf uns, steht auf, wenn ihr wollt, und tanzt zwischen den Stuhlreihen oder vor der Bühne wenn euch danach ist“, ruft er seinen Fans entgegen. Das lassen sich einige als Teddyboys gestylte Jungs und eine Clique Mädchen in weiten Petticoats nicht zweimal sagen. Auch die stark vertretene Ü-50-Fraktion im Kinosaal lässt sich von der Begeisterung anstecken und rockt und rollt, was das Zeug hält. Rio wechselt nahtlos zwischen Blues, Country, Rock und Pop und beweist damit seine Fähigkeit, sich ebenso vielseitig in allen Stilarten bewegen zu können wie Elvis Presley selbst. Spontan schiebt er mit „Silent Night“ ein Weihnachtslied in die Spielliste ein, was bei einigen weiblichen Gästen die Emotionen so hochkochen lässt, dass die Tränen fließen. Schnell geht Rio deshalb über zu leichterer, weniger melancholischer Kost mit der Gospelnummer „How Great Thou Art“ und „Suspicious Minds“. „Jailhouse Rock“, „It’s Now Or Never“ und „In The Ghetto“ folgen, danach noch eine große Portion Rock’n’Roll in Reinkultur: „Johnny B. Goode“, „Whole Lotta Shakin’ Goin’ On“, „Long Tall Sally“. Als Rio zum ersten Mal die Bühne verlässt, holt das Publikum ihn mit Pfiffen und stürmischem Beifall für Zugaben zurück. Bevor er endgültig verschwindet, verschenkt er noch ein Schweißtuch an eine besonders passionierte Tänzerin vor der Bühne. Und dann verkündet eine Stimme aus dem Off, dass nun endgültig Schluss ist: „Rio has left the place“ (Rio hat den Ort verlassen).

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