Rheinpfalz Saach blooß: Du Schwätzer!

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Der Babbelfisch: Vielredner ernten gerne mal böse Blicke. »Hoscht widder Babbelwasser getrunke?«, heißt es dann. Wir sagen dazu nur: Blubb.

Quasseln, Labern, Schwadronieren – auf der Suche nach der Quelle des Babbelwassers.

Es gibt gegenläufige Thesen, ob die Pfälzer ihrer Natur nach nun Vielschwätzer sind oder ob sie eher mit Worten sparen. Das Klischee vom „Pfälzer Krischer“ zielt vor allem auf die Lautstärke ab. Es legt aber auch den Schluss nahe, dass die Pfälzer häufig und ohne Unterlass reden. Andererseits sind Pfälzer für eine besondere Art der Spar-Kommunikation bekannt. „Un, wie?“ – „Frooch nit“ – „Alla, dann.“ Schon ist alles gesagt, und die „Gesprächs“-Partner können wieder ihrer Wege gehen. Diese beiden Thesen im Hinterkopf, wirft das Thema „Babbelwasser“ eine spannende Frage auf. Es geht um den Spruch „Der (oder die) hot Babbelwasser getrunke (oder g’soffe).“ Brauchen Pfälzer Flüssiges, um die „Gosch“ in Fahrt zu bringen? Oder ist das „Babbelwasser“ nur eine Metapher, ein Sprachbild? Dient es also nur dazu, in spöttischer Form einen geschwätzigen Menschen zu beschreiben, der auch in vollkommen nüchternem Zustand die Klappe nicht halten kann?

„Das Babbelwasser ist fiktiv“

Reinhard Hartmann aus Kaiserslautern kennt den Vielredner (oder den „Babbeltuschur“ von französisch „toujours“ für „immer“), der ganz ohne Sprit fortwährend labern kann. Peter Hasenzahl aus Mundenheim sagt ebenfalls, es komme nicht aufs Getränk an. „Das Babbelwasser ist fiktiv“, also erfunden, meint der Leser. Wenn einer sehr viel rede und sich gern reden höre, und wenn das dann auch noch belanglos oder sogar dummes Zeug sei, dann heiße es: „Der hot Babbelwasser g’soffe“ – selbst wenn keine Getränke im Spiel sind. Die Mehrzahl der Einsender sieht das anders. Für Fritz Eiswirth aus Steinweiler ist es definitiv der Alkohol, der einen ruhigen Menschen dazu bringt, „dass er nimmi die Gosch halt“. Es sei ursprünglich wohl der billige Wein gewesen, der als „Babbelwasser“ bezeichnet wurde, räumt auch Reinhard Hartmann ein. „Es ist bekannt“, schreibt Fritz Wagner aus Erlenbach, „dass gewisse Mengen Alkokol die Zunge lösen“, weshalb die Konsumenten „babbeln wie ein Wasserfall“. Anton Müller aus Germersheim drückt es etwas anders aus: „De Woi is Öl fer die Stimmbänder.“

"Die babbelt der e Ohr ab"

Apropos Wasserfall. Ottilie Rieder aus Deidesheim fühlt sich nicht an Alkohol, sondern an das Plätschern oder Murmeln einer Bergquelle erinnert, wenn sie an unaufhörliches Gerede denkt. Das hat durchaus etwas Beruhigendes. Denn darin schwingt die Botschaft mit: Wer gute Nerven oder „e gudi Kuddel“ hat, der kann das Geplapper zu einer Art kosmischem Hintergrundrauschen verdrängen. Der Leserin kommt außerdem das Märchen vom Brüderchen und vom Schwesterchen in den Sinn: „Wer von mir trinkt, wird ein Reh“, heißt es bei den Gebrüdern Grimm. Ottilie Rieder fragt: „Warum nicht: Wer aus mir Babbelwasser trinkt, wird zum Babbler?“ Hier wäre wohl eine besondere Art der Pfälzer Quellenforschung angesagt. Freiwillige vor! Typisch für die Vielfalt des Dialekts: Es gibt zahlreiche Sprüche, mit denen man sich über Dauerbabbler lustig machen kann. Klaus Kronibus aus Enkenbach-Alsenborn zählt einige auf – jetzt mal in weiblicher Form: „Die doo hott e Maul wie e Maschinegewehr. Die babbelt der e Ohr ab (oder: en Knopp an de Backe) un werre draa. Die babbelt der e Loch in de Bauch. Die babbelt dich dod un werre lewendich. Wann die mol sterbt, muss mer es Maul extra dod schlae!“ Günter Steck aus Speyer legt nach: Wenn sich so ein „Vollzappe“ in Fahrt „gebabbelt“ hat, „kann der dich so rischdisch b’soffe babble“. „Mancher findet kein Ende und babbelt wie uffgezoche“, schreibt Rosemarie Mathes aus Germersheim. Nicht zu vergessen: Auch das deftige Wort „Babbelarsch“ wird in der Pfalz immer wieder mal verwendet, um einen Dauerquassler zu beschreiben.

Schreiben Sie uns!

Was wir vor lauter Gebabbel ebenfalls nicht vergessen wollen: Das pfälzische „babble“ wird in vielen Sprachen der Welt in ähnlicher Form verwendet und ist laut Duden seit dem 16. Jahrhundert nachgewiesen. Es zählt zu den lautmalerischen Worten, die das Geräusch nachahmen, das sie beschreiben. „Brabbeln“ und „plappern“ sind eng verwandt, und letztlich gehen alle auf die Bedeutung „lallen, unverständlich reden“ zurück. Die Sprachforscher beziehen das auf das unverständliche Geplapper von Babys – und Alkohol hilft ja bekanntlich dabei, sich dieser Form des Sprechens wieder anzunähern. Alles klar? Wir stellen das Glas mit Babbelwasser jetzt aber mal zur Seite und stellen nur noch die Frage für die nächste Folge. Was ist ein „Spitzklicker“? Wodurch zeichnet er sich aus? Geht’s hier eher um die Klicker oder um das Spitze? Und: Wo kommt das Wort her? Schreiben Sie uns!

Mitmach-Info

Wir gehen originellen Sprüchen, Redensarten und Wörtern aus der Pfalz auf den Grund – und zwar mithilfe unserer Leser. Bitte schreiben Sie unter dem Kennwort „Saach blooß“ an: RHEINPFALZ am SONNTAG, Industriestraße 15, 76829 Landau, Fax: 06341/ 6495-30, E-Mail: saachblooss@rheinpfalz.de

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