Rheinpfalz Schlosshotel: Stadtrat stoppt Anwälte

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Zunächst gab Stadtbürgermeister Fred-Holger Ludwig (CDU) einen ausführlichen Sachstandsbericht zum Schlosshotel, nachdem die von der Stadt beauftragte Rechtsanwaltskanzlei SZA aus Mannheim Berge von Akten gesichtet und begutachtet hat. „Betrachten wir die wesentlichen Orientierungspunkte der Rechtsanwälte in Verbindung mit den Punkten des Landesrechnungshofs, so gibt es seit Beginn der Geschichte Schlosshotel viele gravierende Rechtsverstöße in Planung und Durchführung“, behauptete Ludwig. Der Stadtchef führte unter anderem fehlende Wirtschaftlichkeits- und nicht ordnungsgemäße Kostenberechnungen auf. Es habe offenbar auch deutliche Vergabeverstöße gegeben. Bis zu seinem letzten Gespräch im Innenministerium am 1. Oktober habe Mainz dies auch so gesehen. Dann habe es dort einen Argumentationswechsel gegeben, so dass etwa die Küche mit der Summe von 310.271 Euro nun nicht mehr förderfähig sei. „Das Ministerium war nicht bereit, die Stadt beim Finden einer einigermaßen rechtssicheren Lösung zu unterstützen. Die anwesenden Vertreter waren offensichtlich, meiner Einschätzung nach auch der Landtagswahl 2016 geschuldet, bestrebt, das Buch Schlosshotel möglichst schnell zu schließen“, sagte Ludwig. Das Ministerium wolle nur noch eine Abschlussförderung von rund 56.000 Euro vornehmen. Ludwig warf der alten Stadtspitze, VG-Verwaltung, Kreisverwaltung und dem Innenministerium Fehler vor, Unterlagen seien nicht sachgerecht geprüft worden. Er kam zu dem Fazit, dass „ein unter den Tisch kehren der gesamten Problematik unter Kenntnis der Dinge von meiner Seite aus fast sträflich und von Seiten der Stadt nicht vertretbar wäre, zumal wir im Haushalt rund vier Millionen Euro Schulden stehen haben, die sich jedes Jahr um rund 60.000 Euro Kreditzinsen vermehren“. Martin Engelhard, erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde, wies die Vorwürfe, „soweit sie die VG betreffen“, zurück. „Die Verbandsgemeinde hat keine eigenen Interessen, wir handeln nur im Auftrag der Stadt“, sagte Engelhard. Die Verwaltung habe keine Fehler begangen. Im März hat der Stadtrat zugestimmt, die Kanzlei SZA in Mannheim mit der rechtlichen Überprüfung der Baumaßnahme Schlosshotel zu beauftragen, dafür waren 20.000 Euro eingeplant. Diese Summe war bereits für die anwaltlichen Leistungen bis Juli nahezu aufgebraucht. Bis jetzt liegen Rechnungen von rund 58.000 Euro vor. Nun sollte der Rat die überplanmäßigen Ausgaben absegnen. Bernd Malysiak (FWG) warf Ludwig vor, häufig zu vergessen, dass der Stadtrat als demokratisch gewähltes Gremium der oberste Souverän sei. „Der Stadtrat entscheidet, was passiert und welche Weichen in welche Richtung gestellt werden. Und er sagt, wann Schluss ist“, so Malysiak. Bereits seit dem 13. August habe Ludwig gewusst, dass das Anwaltsbudget überschritten werde. Er habe weder den Stadtrat noch die Fraktionsvorsitzenden davon in Kenntnis gesetzt. SPD-Fraktionsvorsitzender Hans-Peter Geiger sagte, dass Ludwig nach dem Erhalt der ersten Rechnung den Stadtrat hätte einberufen müssen. Er erinnerte daran, dass die Verwaltung bei den Etatberatungen darauf hingewiesen habe, dass aufgrund der schwierigen Haushaltslage über alle Ausgaben abgestimmt werden müsse. Geiger hob hervor, dass die Ergebnisse, zu denen die Kanzlei SZA nun komme, nahezu deckungsgleich mit denen sei, zu denen Rechtsanwalt Locher bereits 2011 gekommen sei. Bereits damals hatte die Stadt einen Anwalt mit der Überprüfung der Schlosshotel-Akten beauftragt. Kosten: 9000 Euro. Locher hatte davor gewarnt, „schlafende Hunde zu wecken“ und von einer Klage abgeraten. Ludwig behauptete, er habe das Schreiben Lochers erst kürzlich erhalten. Es habe in den Akten gefehlt. Der ehemalige Stadtbeigeordnete Hermann Augspurger (FWG), mit dem sich Ludwig einen heftigen Schlagabtausch lieferte, beantragte, dass zu der nächsten Stadtratssitzung alle zuständigen Abteilungsleiter der Verwaltung eingeladen werden sollen, um feststellen, wann und wo dieses Schreiben zugänglich war. Auch Heike Grill (FDP) kritisierte, dass Ludwig den Stadtrat nicht rechtzeitig über die Kostenüberschreitung informiert habe. Zwar sei eine Deckelung des Betrags nicht explizit beschlossen worden, aber wegen des defizitären Haushalt die logische Konsequenz. „Der Hinweis auf die persönliche Haftung beziehungsweise strafrechtliche Verfolgung des Stadtrates dient einzig dazu, das eigene Fehlverhalten und Verstöße gegen die Gemeindeordnung zu kaschieren, indem die Ratsmitglieder moralisch unter Druck gesetzt werden. Das ist unredlich und grenzwertig“, so Grill. Es sei inakzeptabel, dass der Stadtrat nicht einbezogen worden sei, meinte auch Ursula Schulz (Grüne). Ludwigs Vorgehensweise sei nicht dazu geeignet, das Klima im Stadtrat zu verbessern. Sebastian Kirchner (CDU) lobte Ludwig. Erst jetzt sei alles transparent. Es wäre natürlich besser gewesen, so Kirchner, „wenn wir diese Diskussion vor zwei Jahren geführt hätten“. Aber damals sei der Rat nur unzureichend informiert gewesen. Er habe das Schreiben von Anwalt Licher auch nicht gekannt, sagte Kirchner. Mit 13 Neinstimmen bei zwei Enthaltungen und sieben Jastimmen lehnte der Stadtrat die überplanmäßigen Ausgaben ab. Bezahlt werden muss die Anwaltsrechnung trotzdem, durch einen Kassenkredit. Weitere Rechtsberatung wird es aber zunächst nicht mehr geben. (jpa)

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