Rheinpfalz Schreckliche Szenen verarbeiten

Ist es im Vorfeld des schweren Verkehrsunfalls in Trippstadt am Kerwewochenende zu einem illegalen Autorennen gekommen? Dieser Frage geht das Polizeipräsidium Westpfalz nach einem Zeugenhinweis nach, wie Sprecher Bernhard Christian Erfort auf Anfrage bestätigt.

Auch am Tag drei nach dem tragischen Verkehrsunfall, bei dem zwei Fußgängerinnen in der Nacht auf Sonntag unweit des Kerweplatzes von einem Mitsubishi erfasst und schwer verletzt wurden, beschäftigt das Unglück noch immer die Menschen. Die Betroffenheit ist groß – weit über Trippstadt hinaus. In den sozialen Netzwerken kursiert eine Vielzahl von Behauptungen, vieles ist reine Spekulation. Auch die Polizei erhält Hinweise, darunter den Tipp, dass es bereits am Samstagabend, und damit Stunden vor dem Unfall um 0.40 Uhr, ein illegales Autorennen gegeben haben soll. „Diesen Hinweisen gehen wir derzeit nach“, sagt Erfort. Der designierte Trippstadter Ortsbürgermeister Jens Specht (FWG) weiß nichts von einem Autorennen am Kerwesamstag. „Wenn da was gewesen sein sollte, habe ich nichts mitbekommen“, sagt er auf Anfrage. Unklar ist noch immer, wer am Samstagabend um 0.40 Uhr am Steuer des roten Mitsubishi saß, als dieser durch die belebte Hauptstraße am Kerweplatz vorbeiraste: Der 18-Jährige, dessen Atemluft beim Schnelltest 0,7 Promille anzeigte, und sein 19-jähriger Kumpel, der zum Unfallzeitpunkt nüchtern war, beschuldigen sich weiter gegenseitig. Keiner gebe zu, gefahren zu sein. Der Pkw werde derzeit eingehend von einem Gutachter untersucht, berichtet Erfort. Landeskriminalamt und Rechtsmedizin seien mit an Bord. „Die Spurensuche macht Fortschritte“, zeigt sich der Polizeisprecher zuversichtlich, dass der Fahrer bald ermittelt werden kann. Fest steht inzwischen, dass der rote Wagen einem Bekannten eines der jungen Männer gehört. Mit dem Halter hat die Polizei Kontakt aufgenommen. Geprüft werde, wie die Jugendlichen, die beide keinen Führerschein haben, an das Auto gekommen sind. Der Gesundheitszustand der zwei Unfallopfer hat sich laut Erfort stabilisiert. „Beide Frauen sind nun ansprechbar. Es gab bereits einen ersten Kontakt, aber noch keine Vernehmung“, so der Polizeisprecher. „Ich hatte ebenfalls bereits Whatsapp-Kontakt zu einer der Frauen. Sie hat sich bedankt“, ist Specht erleichtert, dass beide Unfallopfer trotz ihrer schweren Verletzungen letztlich überlebt haben. Die schrecklichen Szenen von Samstagnacht stecken ihm aber noch immer in den Knochen. „Sowas vergisst man nicht“, sagt Specht, der als Angehöriger der Freiwilligen Feuerwehr vor Ort war. Helfen, das Erlebte leichter zu verarbeiten, will Detlef Placzek. Der so genannte Opferbeauftragte der Mainzer Landesregierung ist am Dienstag mit Specht in Trippstadt unterwegs, um sich ein Bild von der Situation zu machen und mit Helfern zu sprechen. „Der schwere Unfall ist für den gesamten Ort – und auch darüber hinaus – sehr schockierend. Meine Anteilnahme gilt insbesondere den schwerverletzten Frauen und ihren Angehörigen. Wieder einmal wird uns bewusst, wie schnell jeder Mensch zum Opfer werden kann, ohne dass man irgendeinen Einfluss darauf hat“, sagt Placzek. „Jede Mensch geht mit so einer Situation anders um“, sagt Placzek und hat Augenzeugen wie Ersthelfer im Sinn. „Ich möchte hier über konkrete Hilfsangebote, etwa psychosoziale Begleitung, informieren“, erläutert der Opferbeauftragte. Dies gelte besonders für die beiden Unfallopfer, die er besuchen werde, sobald es ihnen besser geht. „Für die Entschädigung der Frauen ist die Haftpflichtversicherung des Mitsubishi-Halters zuständig. Wenn die sich sperren sollte, gibt es noch einen Fonds des Dachverbands der Versicherungen, der in solchen Fällen einspringt“, informiert er. An die beiden jungen Männer, die den Unfall verursacht haben, appelliert Placzek, zu ihrer Tat zu stehen und sich der Verantwortung nicht zu entziehen. „Dieses Eingestehen ist häufig für die Opfer der erste Schritt auf dem Weg zur Verarbeitung des traumatischen Geschehens“. Specht schließt sich dem Appell an: „Wenn man Mist gebaut hat, soll man dazu stehen und nicht den Schwarzen Peter hin und her schieben.“ Südwest

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