Rheinpfalz Stadt will Naheland-Touristik verlassen

Beliebtes Revier für Kletterer und Bergsteiger im Naheland: die gewaltige Kulisse des Rotenfels bei Bad Münster am Stein-Ebernbu
Beliebtes Revier für Kletterer und Bergsteiger im Naheland: die gewaltige Kulisse des Rotenfels bei Bad Münster am Stein-Ebernburg.

Die Stadt Bad Kreuznach will sich im Bereich Tourismus in Zukunft in Richtung Mittelrheintal und Rheinhessen orientieren. Sowohl Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer (SPD) als auch Bürgermeister Wolfgang Heinrich (CDU) bemängeln, dass die Naheland-Touristik seit Jahren ihrer Aufgabenstellung nicht gerecht werde.

Die Naheland-Touristik versäume es, nachhaltige Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, um den Tourismus in der Nahe-Region dauerhaft voranzubringen, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt. Die geplante Neuorientierung im Tourismusbereich war Ergebnis von Gesprächen zwischen Kaster-Meurer und Heinrich mit dem Oberbürgermeister der Stadt Bingen und der Landrätin des Landkreises Mainz-Bingen. Mit anwesend war Bettina Dickes, Landrätin des Kreises Bad Kreuznach und Aufsichtsratsvorsitzende der Naheland-Touristik. Laut Heinrich, der für die Stadt das Tourismus-Ressort betreut, sollen in Zukunft, Aktivitäten und Initiativen mit der Stadt Bingen und dem Landkreis Mainz-Bingen engmaschig miteinander vernetzt und aufeinander abgestimmt werden. „Die Touristen im Mittelrheintal und der Rhein-Main-Region von Mainz/Wiesbaden bis Frankfurt am Main sollen noch stärker als bisher erreicht werden“, definiert Heinrich als Ziel. Um die Erreichbarkeit der Stadt Bad Kreuznach für potentielle Gäste leichter und attraktiver zu machen, nahmen Kaster-Meurer und Heinrich bereits Gespräche mit dem Verkehrsverbund RNN auf. Dabei gehe es um die Möglichkeit, mit einem Kombi-Ticket aus dem Rhein-Main-Verkehrsverbund auch den Landkreis Mainz-Bingen und die Stadt Bad Kreuznach noch komfortabler als bisher zu erreichen. Heinrich: Die Touristiker an der Nahe „haben es nicht geschafft, das Naheland als Marke am Tourismusmarkt zu etablieren“. Die gesparten Mitgliedsbeiträge könnten für die Stadt Bad Kreuznach künftig sinnvoller eingesetzt werden, betont er. In den vergangenen fünf Jahren habe die Stadt 53.000 Euro Beiträge an die Gesellschaft gezahlt, erläuterte deren Pressesprecherin auf Anfrage der RHEINPFALZ. Heinrich kritisiert vor allem „Planlosigkeit und fehlende, nachhaltige Konzeptionen“ von Naheland-Tourismus. Vorhandene Schwerpunkte – wie etwa die Klosterruine Disibodenberg – würden kaum gefördert und entsprechend vermarktet, bemängelt er. Stattdessen sei vor vielen Jahren die Entstehung eines „Orgel-Art-Museums“ mit erheblichen öffentlichen Mitteln gefördert worden, das nun in privaten Besitz überführt wurde. Und mit dem Hildegardweg habe man einen Pfad geschaffen, der „im Irgendwo beginnt und im Nirgendwo endet, ohne dass eine hinreichende gastronomische Versorgung der Touristen gewährleistet ist“, fügt der Bürgermeister hinzu. Die Stadt Bad Kreuznach sei bestrebt, dass sich der wichtige Tourismusstandort parallel zum Gewerbestandort in den nächsten Jahren noch dynamischer weiter entwickeln könne, hieß es weiter. Die Frage des Austritts aus der Tourismusorganisation wird nach Angaben der Stadt im Laufe des Jahres in den zuständigen Gremien erörtert. Einem eventuellen Austritt müsse der Stadtrat zustimmen. Die Naheland-Touristik wurde von den Vorwürfen der Stadtspitze überrascht. „Es gab zuvor kein Gespräch dazu“, schildert Geschäftsführerin Ute Meinhard. Die regionale Tourismusorganisation kündigte an, sich Anfang Juni mit ihren Gesellschaftern, dem Aufsichtsrat und den Mitgliedern des Touristischen Arbeitskreises in eine Klausurtagung zu begeben. Darin solle vor dem Hintergrund der aktuellen Situation die strategische Neuausrichtung gemeinsam erörtert werden. Die GmbH befinde sich derzeit „in einem Prozess der strategischen Neuausrichtung“, heißt es weiter. Die aktuelle thematische und strategische Orientierung der Naheland-Touristik gelte seit 2015. Dabei würden die konkrete Maßnahmen- und Budgetplanung von der Gesellschafterversammlung sowie vom Aufsichtsrat jährlich genehmigt, betont Naheland-Touristik. Der Gesellschaftsversammlung gehören unter anderen alle Verbandsgemeinden und Städte der Kreise Bad Kreuznach und Birkenfeld an. Die Verbandsgemeinde Birkenfeld war 2015 ausgetreten. Die Touristiker in Kirn warnen, dass der Austritt einer Kommune auch die Isolation aus dem Netzwerk der digitalen Tourismusdaten zur Folge habe. „Für die Tourismusentwicklung und -vermarktung der Region und der Stadt Bad Kreuznach ist unsere Zusammenarbeit daher von hoher Bedeutung“, heißt es in der Stellungnahme weiter. Bei Naheland-Tourisik arbeiten fünf Mitarbeiterinnen. Die Ankündigung der Stadtspitze sorgt unterdessen für weitere Aufregung. Unter anderen übte die Landjugend Nahe deutliche Kritik an einer möglichen Abwendung der Stadt aus der Tourismus-Organisation. Sie befürchtet dadurch eine Schwächung des Weinbaugebietes Nahe. Die Naheland-Touristik wurde 1991 von den Landkreisen Bad Kreuznach und Birkenfeld gegründet. Zu den Gesellschaftern gehören neben den Kreisen Bad Kreuznach, Birkenfeld und Mainz-Bingen die Städte Bingen, Idar-Oberstein, Bad Kreuznach und Kirn, die Verbandsgemeinden Rüdesheim/Nahe, Bad Sobernheim, Meisenheim, Stromberg, Langenlonsheim, Kirn-Land, Herrstein, Baumholder, Rhaunen, Rhein-Nahe, die Gemeinde Nohfelden, der Verein „Weinland-Nahe“, die Sparkasse Rhein-Nahe und die Kreissparkasse Birkenfeld.

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