Kultur Südpfalz Tango im geistlichen Raum

Christiane Lüder (Bandoneon) und der von Hans Jochen Braunstein dirigierte Landauer Oratorienchor.
Christiane Lüder (Bandoneon) und der von Hans Jochen Braunstein dirigierte Landauer Oratorienchor.

In bester Erinnerung ist noch die grandiose Aufführung des Requiems von John Rutter durch den Oratorienchor Landau im November in der Landauer Stiftskirche. Bei seinem Konzert am Sonntag in der bis auf den letzten Platz besetzten Augustinerkirche „Heilig Kreuz“ präsentierte der Chor unter seinem langjährigen Leiter Hans Jochen Braunstein wieder mit großem Erfolg ein Werk des späten 20. Jahrhunderts: die Misa a Buenos Aires („Misa Tango“) des 1965 in Buenos Aires geborenen Komponisten Martin Palmeri.

Umrahmt und ergänzt wurde die 1996 uraufgeführte Messe von Werken anderer südamerikanischer Tonschöpfer aus dem 19. und 20. Jahrhundert. So erklang zur Eröffnung des Konzerts der Psalm 150 von Ernani Aguiar, den der Chor rhythmisch- imposant und fröhlich-swingend wiedergab. Beim Text der „Misa Tango“ hält sich Palmeri an das traditionelle Messordinarium in lateinischer Sprache. Melodisch und rhythmisch orientiert es sich am Tango Nuovo nach dem Vorbild Piazzollas, vereinigt aber in genialer Synthese konventionelle Formen wie die Fuge und an den Gregorianischen Choral erinnernde Vortragsweisen. Hans Jochen Braunstein entschied sich für die Fassung für gemischten Chor, Mezzosopran, Bandoneon, Klavier und Kontrabass. Das Zusammenwirken dieser musikalischen Kräfte sorgte in seiner Wiedergabe für eine Klanglichkeit, die in unterschiedlichen Nuancen die Emotionen des Textes wie Freude, Trauer, Angst und inständiges Bitten nachhaltig zum Ausdruck brachte. Die Hauptaufgabe fiel dem etwa 70 Sänger umfassenden, von Braunstein optimal vorbereiteten Chor zu. Jede Geste des Dirigenten wurde präzise umgesetzt. Jedes Detail hinsichtlich Dynamik, Spannung und Phrasierung exakt befolgt. So war bereits das als Fuge angelegte Kyrie durch seine dynamischen Kontraste eine Bitte von tiefgreifender Wirkung. Im Gloria beeindruckten besonders die rhythmisch exakte Wiedergabe und der in tiefer Tonlage weich grundierte Klang, der ausgehend vom zartesten Pianissimo in strahlendem Jubel seinen Höhepunkt fand. Das Credo überzeugte durch rhythmische und deklamatorische Eloquenz sowie durch klare Linienführung bei der weit ausladenden Melodik. Im Sanctus und Benedictus faszinierten die zarten Einsätze und die differenzierte, spannungsgeladene Dynamik. Das Agnus Dei wirkte durch die weiche Tongebung und die Steigerungen im Ausdruck. Großen Anteil am Erfolg der Aufführung hatten auch die Mezzosopranistin und die Instrumentalisten. Anne-Kathrin Herzog setzte mit ihrer klangvollen, warm timbrierten und wandlungsfähigen Stimme solistisch und im Wechsel mit dem Chor, vor allem im Credo und im Sanctus, emotionale Glanzpunkte. Bereits vor der „Misa Tango“ bewies sie mit der Darbietung zweier Lieder aus „La Maja dolorosa“ von Enrique Granados und der Romanze „Carceleras“ von Ruperto Chapi zur subtilen Klavierbegleitung von Rolf Fritz stimmlich und gestalterisch ihr großes Talent. Christiane Lüder (Bandoneon), Rolf Fritz (Piano) und Martin Bärenz (Kontrabass) waren gleichberechtigte Mitgestalter und dem Chor ebenbürtige Partner. Mit ihrem technisch und musikalisch perfekten Spiel sorgten sie für außergewöhnliche und einzigartige Klangfarben. Einen Einblick in ihre hohe Musikalität und in die Möglichkeiten des Instruments gab Christiane Lüder mit den vor und nach dem Credo eingefügten Solo-Stücken für Bandoneon von Anibal Troilo und Astor Piazzolla. Den lange anhaltenden Beifall am Ende des Konzerts belohnten die Mitwirkenden mit einer rhythmusbetonten Zugabe.

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