Rheinpfalz Windradgegner kämpfen weiter

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„Wir werden auf jeden Fall den Klageweg beschreiten.“ Diesen Schritt kündigte Michael Elicker, der die Windkraftgegner auf dem Höcherberg juristisch betreut, bei einer Pressekonferenz im Höcherberghaus, Höchen, an. „Wir“, das sind vor allem die Bürgerinitiative gegen Windkraft Lautenbach (Bigwil), die Gemeinde Dunzweiler, die Ortsgruppe Bexbach des Naturschutzbundes (Nabu) und die Fachklinik Münchwies. Inzwischen hat Elicker Akteneinsicht beim Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (Lua) erhalten.

Kurz vor Silvester stimmte das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (Lua), eine Behörde des Umweltministeriums im Saarland, dem Bau mehrerer Windparks, darunter auch einem am Höcherberg, zu. Noch im September hatte es geheißen, dass in dieser Region definitiv keine Windräder gebaut werden dürfen. Gegen den Beschluss legte der Betreiber, die Firma Juwi aus Wörrstadt, Widerspruch ein. Kurz vor Jahresende plötzlich die Kehrtwende: Nach der am 30. Dezember erteilten Genehmigung können auf der Ottweilerer Gemarkung drei und auf der Bexbacher zwei Windräder errichtet werden (die RHEINPFALZ berichtete). Inzwischen sind die Standflächen für die Windräder gerodet. Doch die Windradgegner kämpfen weiter. Denn, so meint der Sprecher der Bigwil, Michael Marx, die Genehmigung sei nur „aufgrund von Mauscheleien zwischen Juwi und Umweltminister Reinhold Jost“ zustande gekommen. Gleich mehrere Ungereimtheiten konnten er und Anwalt Elicker, der die Aktenlage studierte, feststellen. Besonders befremdlich erscheint Elicker, dass die Bundeswehr, die zunächst starke Argumente gegen die Windräder ins Feld geführt hatte, keine Bedenken mehr äußert. In einer Stellungnahme der Bundeswehr hatte es ursprünglich geheißen, dass die Radaranlagen der Flugzeuge, die bei Nato-Übungen auch über den Höcherberg fliegen und Bedrohungssituationen simulieren, durch die Windräder massiv gestört würden. In der Konsequenz könnten sogar die Piloten gefährdet sein. Bedeutet im Klartext, dass im Umkreis von 15 bis 20 Kilometern des Bundeswehr-Standorts Zweibrücken-Oberauerbach keine Windräder gebaut werden dürfen. Soweit – so gut. Die Bundeswehr hat nach Intervention von Juwi und dem Umweltministerium die Lage erneut geprüft - und ihre Einwände zurückgezogen. In einer Erklärung, die ein Hauptfeldwebel der Bundeswehr mit unterzeichnet hat, sagt die Firma Juwi zu, zugunsten des Windparks Ottweiler/Bexbach und Hodenbachwald, Rheinland-Pfalz, auf fünf bereits genehmigte Windenergieanlagen im Windpark Weselberg Nord sowie auf eine in Queidersbach zu verzichten – eine Region, die für die Militärs ebenfalls wichtig ist. Weiter ist Elicker aufgefallen, dass der Genehmigungsbescheid vom Landesamt das Datum 30. Dezember 2016 trägt. Am 2. Januar 2017 soll er, so ist zu lesen, versendet werden. Demnach hat die Firma Juwi das Schreiben erst im Januar erhalten; und die Genehmigung konnte auch erst in diesem Jahr wirksam werden, denn „die Wirksamkeit setzt die Bekanntgabe voraus“. Seit Januar gilt darüber hinaus ein neues Gesetz, das besagt, dass einer Genehmigung ein Ausschreibungsverfahren vorauszugehen hat. Schließlich sind in diesem Jahr die EEG-Subventionen gekürzt worden. Doch damit nicht genug. Der erteilten Genehmigung wurde nach Angaben des Juristen lediglich der nunmehr zurückgezogene Einspruch der Bundeswehr zugrunde gelegt, andere Einwände aber wurden ignoriert. Dazu passe, dass im Januar 2016 Dokumente von Naturschützern und Bürgern, die das hohe Vorkommen des Rotmilans sowie weiterer schützenswerter Vögel und anderer Tiere nachwiesen, verschwunden waren. Diese Unterlagen waren per Einschreiben ans Lua gesandt worden. Angeblich hätten zwischen Mai und Juni 2016 Nachbegehungen stattgefunden, berichtet Elicker. Dabei seien nur ganz wenige Horste der Rotmilane gefunden worden. „Kein Wunder, bei dem dichten Laubwerk, das die Bäume in diesen Monaten tragen“, befand der Anwalt, der diese Begehung generell in Zweifel zieht, da kein Nachweis vorliege. Ebenfalls dubios erscheint ihm die Publikumsveranstaltung in Ottweiler im vergangenen Juni. „Auf dem Podium saßen Vertreter der Behörden und von Juwi. Jegliche Einwände vom Publikum sind sofort abgekanzelt worden.“ Die Delegation von Dunzweiler, die am Nachmittag zu dieser Veranstaltung fuhr, fand sich in einem leeren Saal wieder, wie der Dunzweilerer Ortsbürgermeister Volker Korst darlegt. Gegen die Windräder hat der Ortsgemeinderat Widerspruch eingelegt, hat auf gesundheitliche Auswirkungen für die Bevölkerung hingewiesen – bislang ohne Erfolg. Seltsam mutet Korst die Antwort an, die er auf eine Anfrage bei der Stadt Bexbach bekam. Danach gilt hier noch immer der Flächennutzungsplan des Jahres 1987, „als an Windkraft noch nicht zu denken war“. Es sind demnach um Höchen keine Vorrangflächen ausgewiesen, die für die Genehmigung von Windrädern erforderlich sind. Mit Hilfe des Landtagsabgeordneten Jochen Hartloff (SPD) hofft Korst doch noch auf eine Wende. Gefahren für die drei bis vier hier brütenden Rotmilanpaare sieht Armin Reuss vom Nabu Bexbach. Die Vögel könnten zum „Kollisionsopfer“ mit Windräder werden. Beim Kranichzug müssten die Windräder abgeschaltet werden, weiß Reuss, aber wer kontrolliere, wann die Vögel losziehen? Auch für die zwölf bis 13 Fledermausarten und die Wildkatzen ahnt er nichts Gutes. Die Fachklinik Münchwies fürchtet laut Elicker Beeinträchtigungen für den Genesungsprozess ihrer Patienten. | giw

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