Rheinpfalz Ziffern auf Kreuz geschmiert

Das mit dem Graffito verschmierte Kreuz im Felsen wurde mittlerweile gereinigt.
Das mit dem Graffito verschmierte Kreuz im Felsen wurde mittlerweile gereinigt.

«HAUENSTEIN.» Abgesehen davon, dass da keine Künstler, sondern schlicht Dilettanten am Werk waren, abgesehen davon, dass solche Schmierereien nur ärgerlich sind und nichts als unnötigen Aufwand zu ihrer Beseitigung bereiten: Es lohnt sich nachzuverfolgen, wie die sinnlose Schmiererei in den sozialen Netzwerken verarbeitet und – wohl von interessierter Seite – instrumentalisiert wurde. Was hat es mit der ominösen Zahl 846 auf sich? Zunächst: Wenn man in Suchmaschinen im Netz die entsprechende Ziffernfolge eingibt, erfährt man sehr schnell, dass im Jahr 846 die Sarazenen die Stadt Rom einnahmen, dabei die Basilika St. Peter zerstörten und das Grab des Apostels Petrus schändeten. Das ist historischer Fakt. Sucht man nun im Netz weiter nach Verbindungen zwischen diesem Ereignis aus der spätrömischen Geschichte und aktueller islamistischer Propaganda, sucht man nach ähnlichen Graffiti, dann findet sich allerdings absolut nichts. Trotzdem: Sehr schnell nach der Tat tauchte ein Text im Internet auf, in dem behauptet wurde, die Ziffernfolge sei als Provokation „islamistisch-extremistisch organisierter Kreise“ zu verstehen, „insbesondere wenn sie über christliche Symbole wie in diesem Fall gesprüht“ und gezielt an „höchsten christlichen Feiertagen“ eingesetzt werden. Diese Einschätzung wurde über Facebook ungefiltert, unreflektiert und ungeprüft verbreitet und kommentiert. Eine Nähe zur Islam- und Flüchtlingspropaganda der AfD konnten einzelne Kommentatoren nicht verbergen. Die Zeilen im Internet wurden zwar gelöscht, werden aber weiter diskutiert. So gibt Ortsbürgermeister Bernhard Rödig der Sache im Amtsblatt eine offizielle Bühne und ruft zur Mithilfe bei der Aufklärung der Straftat auf. Nach dieser Veröffentlichung beklagt ein Leser der RHEINPFALZ, dass damit in Zeiten des Wahlkampfs „Stimmung gegen Menschen mit muslimischem Glauben“ gemacht werde. Und er liefert eine andere Version der 846-Schmiererei. In der E-Mail, die auch dem Ortschef zuging, heißt es unter Verweis auf den Tattag: „Am 20. April hatte die wohl unsäglichste Gestalt der deutschen Geschichte Geburtstag – und dessen Anhänger arbeiten gerne mit Codes: So steht bekanntlich die ,846’ für die Buchstabenkombination ,HdF’, was ,Heil dem Führer’ bedeutet.“ Es ist bekannt, dass Neonazis oft Zahlencodes – achter Buchstabe des Alphabets „H“, vierter Buchstabe „D“, sechster Buchstabe „F“ – verwenden. Träfe diese Interpretation zu, stammte das Graffito wohl von Schmierern vom rechten Rand des Spektrums. Aber auch für diese Version findet sich im Internet kein klarer Beleg. Klarheit über die eine oder andere Interpretation des Graffitos, das in ähnlicher Form auch am Haltepunkt Bahnhof Mitte gesprayt wurde, sollte eine Anfrage beim Landesamt für Verfassungsschutz bringen, das beim Innenministerium in Mainz angesiedelt ist. Der Behörde wurden die beiden Interpretationsansätze geschildert. Die Antwort kam recht einsilbig, ist in ihrer Aussage aber klar: „Der Verfassungsschutzbehörde Rheinland-Pfalz liegen keine Hinweise auf einen extremistischen Tathintergrund vor.“ Das Graffito ist mittlerweile entfernt. Wie Ortsbürgermeister Rödig mitteilte, haben Mitarbeiter des gemeindlichen Bauhofs die Sudelei mit einem für Sandstein geeigneten Reinigungsmittel beseitigen können. „Das Material war ein Glücksgriff“, sagt Rödig. Und: „Der beste Weg ist immer das sofortige Entfernen, damit sich die Täter nicht freuen können.“ Es soll nun noch eine Behandlung des Felsens erfolgen, damit künftige Schmierereien leichter zu entfernen sind.

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