Kultur Südpfalz Zugabe nur ohne Husten

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Vor wenigen Wochen feierte der Pianist Alfred Brendel seinen 85. Geburtstag. Der Jahrhundertkünstler, der 2008 seinen Abschied vom Konzertpodium nahm, gehört zu den herausragenden Meistern seiner Zunft und hat als Mozart-, Beethoven-, Schubert- oder Liszt-Interpret spielend und literarisch Musikgeschichte geschrieben. Einmal, Anfang Februar vor 35 Jahren, trat er in der Landauer Festhalle auf. In Karlsruhe war er auch – und später mehrfach im Festspielhaus Baden-Baden, unter anderem auf seinen beiden Abschiedstourneen. Der verdienstvolle damalige Kulturamtsleiters Peter P. Orlob hatte ihn engagiert. Das Landauer Konzert zählt zu den großen Abenden in der wahrlich illustren Reihe der musikalischen Sternstunden im Musentempel der Südpfalz. Die Zahl der großen Pianisten, die in Landau auftraten, ist lang und ruhmreich: Wilhelm Kempff, Svjatoslav Richter, Claudio Arrau, Christoph Eschenbach, Ivo Pogorelich oder Martha Argerich seien beispielhaft genannt. Da war ein Konzert mit Brendel ein „Muss“. 1981 war es soweit – und der Musiker wählte ein für ihn bezeichnendes Programm. Hauptwerk im zweiten Teil war die h-moll-Sonate von Franz Liszt, ein wahnsinnig virtuoses, formal zukunftsweisendes, epochales Stück von größer Ausdrucksintensität. Brendel spielte es damals noch, später hat er derartige „Hämmer“, wie auch die Klavierkonzerte von Liszt oder Brahms, nicht mehr öffentlich aufgeführt. Musizierte er in Landau im ersten Teil auf einem Steinway, so setzte er sich bei der Sonate von Liszt an den „imperialen“ Bösendorfer mit seinen 97 Tasten und 2,90 Metern Länge, den die Stadt kurz vorher angeschafft hatte. Brendels Deutung der h-moll-Sonate ist mir noch heute klar im Bewusstsein, weil der Pianist das Werk, das so leise und stockend aufhört wie es beginnt, gleichsam symmetrisch anlegte. Der dynamische Höhepunkte war bei ihm genau in der Mitte der einsätzigen und eine halbe Stunde dauernden Sonate. Begonnen hatte Brendel sein Konzert mit Haydns C-Dur-Sonate Nr. 50, einem der ungewöhnlichsten Klavierwerke der Wiener Klassik, bei dem Brendels Neigung zu skurrilem Humor aufs Schönste zur Geltung kam. Dann spielte der Pianist die frühe, 1817 entstandene Sonate in a-moll D 537 von Franz Schubert. Ein Besonderheit, denn auf Platte hat Brendel nur die Klavierwerke ab 1822 aufgenommen (und das gleich mehrfach). Landau hatte also die seltene Gelegenheit, Brendel einmal als Interpret des frühen Schubert zu erleben. Mit den Fantasiestücken op. 12 von Robert Schumann führte das Programm dann die Romantik. Am Ende des langen und anspruchsvollen Abends waren nach dem Mammutwerk von Liszt der Künstler und das Auditorium „geschafft“. Doch das hörbar nicht ganz infektfreie Publikum wollte noch eine Zugabe. Da sprach Brendel in den Saal die legendären Worte: „Ich spiele noch etwas, wenn Sie mir versprechen, nicht zu husten.“

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