Wirtschaft Anstieg des Strompreises macht Industrie nervös

Seit März 2020 haben sich die Preise an der Strombörse mehr als verdoppelt.
Seit März 2020 haben sich die Preise an der Strombörse mehr als verdoppelt.

An der Börse kennt der Strompreis derzeit nur eine Richtung: Es geht kräftig nach oben. Die Industrie schlägt bereits Alarm. Auch für die Haushalte könnte die Elektrizität teurer werden.

Die Großhandelspreise für Strom sind zuletzt kräftig gestiegen. An der Strombörse in Leipzig haben sich seit März 2020 die Notierungen für Lieferungen im kommenden Jahr mit über 70 Euro pro Megawattstunde mehr als verdoppelt. Seit rund zwölf Jahren war der Strom im Großhandel nicht mehr so teuer. Die stromintensiven Unternehmen in Deutschland fürchten deshalb um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Mit diesem Preisniveau entferne sich der europäische Strommarkt mehr und mehr von den Industriestrompreisen konkurrierender Märkte, warnte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Holger Lösch.

Wie stark der Anstieg der Börsenpreise auf die Privathaushalte durchschlägt, ist noch nicht abzusehen. Thorsten Storck, Energie-Experte des Vergleichsportals Verivox erwartet, „dass im Herbst eine weitere Welle von Strompreiserhöhungen auf die Haushalte zukommt“. Würden die Stromversorger den Preisanstieg direkt weitergeben, entspräche das einer Verbraucherpreissteigerung von rund 2,5 Prozent, rechnete er vor. Für einen Haushalt mit 4000 Kilowattstunden Jahresverbrauch wären das zusätzliche Kosten von rund 30 Euro brutto.

Industrieverbraucher härter getroffen

Deutschlands größter Stromversorger Eon sieht aktuell keinen Grund für Preiserhöhungen. Energieeinkauf, Vertrieb und Service machten nur rund ein Viertel des Strompreises für die Haushalte aus, erläuterte ein Unternehmenssprecher. Eon kaufe zudem Energiemengen langfristig ein.

Beim Industriestrom haben die Schwankungen des Einkaufspreises größere Folgen. Bestimmte energieintensive Unternehmen werden bei Steuern und Abgaben entlastet, wodurch der Anteil der Beschaffungskosten an ihrer Stromrechnung höher ist als bei Haushalten. Aber auch für Industrieverbraucher gilt: Da die Strompreise stark schwanken, kaufen sie nicht alles auf einmal ein, sondern sie beschaffen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils Teilmengen.

Appell an Politik

Der Großhandelspreis wird von zwei Entwicklungen getrieben: Die Zertifikate für den Ausstoß des Klimagases C02 und die Brennstoffe sind deutlich teurer geworden. „Bei einem C02-Preis von 50 Euro je Tonne steigen die Erzeugungskosten eines Gaskraftwerks um etwa 2 Cent pro Kilowattstunde, bei einem Steinkohlekraftwerk sind es etwa 4 Cent und bei einem Braunkohlekraftwerk sogar fast 6 Cent“, sagt der Energieökonom Andreas Löschel von der Universität Münster. „Parallel dazu sind die Gaspreise sehr stark angestiegen, das kommt oben noch drauf.“

Einen weiteren Anstieg der Strompreise, darin sind sich Ökonom Löschel, der BDI und auch Verbraucherschützer einig, kann nur die Politik verhindern. „Die Einnahmen aus dem CO2-Preis müssen genutzt werden, um die Abgaben und Umlage, die auf dem Strompreis liegen, herunterzubringen“, forderte Löschel, der eine Expertenkommission der Bundesregierung leitet.

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