Wirtschaft Audi stoppt Auslieferung

Jeweils 271 PS haben die verdächtigen Audi-Dieselmotoren.
Jeweils 271 PS haben die verdächtigen Audi-Dieselmotoren.

«Ingolstadt/Flensburg.» Dieselkrise und kein Ende: Audi hat dem Kraftfahrtbundesamt „Auffälligkeiten“ bei der Dieselmotorsoftware von 60.000 Audi A6 und A7 gemeldet und gestern die Auslieferung der Fahrzeuge gestoppt. Der Fall ruft die Staatsanwaltschaft auf den Plan. Auch das Kraftfahrtbundesamt ist alarmiert.

Einen Tag vor der Audi-Hauptversammlung ist der Autobauer mit einem weiteren Verdacht auf Abgas-Tricksereien in die Kritik geraten. Audi stoppte die Auslieferung der vor allem als Dienstwagen beliebten Modelle A6 und A7 mit 271-PS-Dieselmotor. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) leitete eine Anhörung ein, wie ein Sprecher in Flensburg sagte. Audi-Vorstandschef Rupert Stadler sagte, der jüngste Verdachtsfall sei vergangene Woche bei internen Prüfungen entdeckt und dem KBA in Flensburg gemeldet worden. Dabei gehe es um den seit 2014 in rund 60.000 Fahrzeugen vom Typ A6 und A7 eingebauten Sechszylinder-Diesel mit 271 PS. Beide Modelle werden gerade von Nachfolgemodellen abgelöst. Offenbar wurden die Fahrzeuge zwar mit einem SCR-Katalysator zur Beseitung von Stickoxiden ausgerüstet. Damit die Autofahrer den Harnstoff nicht selbst nachfüllen müssten, habe Audi die Einspritzung des Harnstoffs zur Reinigung der Abgase gedrosselt, und die Autos hätten zu viel Stockoxid in die Luft geblasen. Stadler hatte schon im März angekündigt, dass mit weiteren Rückrufen zu rechnen sei: Für 200.000 Fahrzeuge stünden noch Prüfungen oder Bescheide aus. Für die Folgen des im Herbst 2015 aufgedeckten Dieselskandals stellte der Premiumauto-Bauer 2,25 Milliarden Euro zurück. Das KBA hat bereits für 156.000 Fahrzeuge der VW-Tochter Rückrufe angeordnet. Laut KBA sind in Deutschland rund 33.000 der weltweit betroffenen 60.000 Autos betroffen. Der Autobauer muss in einer amtlichen Anhörung nun seine Sicht der Dinge darlegen. Bestätigt sich der Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung, drohen weitere Rückrufe. Die Staatsanwaltschaft dehnt ihre Ermittlungen bei Audi wegen des Verdachts weiterer manipulierter Automotoren aus. Die Fahrzeuge, die das KBA nun zusätzlich untersuche, würden auch Gegenstand der strafrechtlichen Ermittlungen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München gestern. Beide Behörden arbeiteten eng zusammen. Die Anzahl der wegen Betrugs und strafbarer Werbung Beschuldigten in dem Münchner Verfahren im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal liege unverändert bei 18 Personen, darunter zwei frühere Vorstandsmitglieder. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Sören Bartol, sagte: „Die Bosse der Automobilhersteller spielen mit ihrem guten Ruf, wenn sie seit Jahren immer nur scheibchenweise zugeben, wo sie noch manipuliert haben. So langsam bin ich es leid.“ Es sollten nun alle Hersteller „reinen Tisch“ machen und „sich endlich bei der technischen Nachrüstung von Euro 5- und Euro 6- Fahrzeugen bewegen, damit Fahrverbote verhindert werden können“. Umfangreiche Nachrüstungen sind in der Politik ebenso wie bei Technikexperten umstritten. Der Verkehrsexperte der Umweltschutzorganisation Greenpeace, Tobias Austrup, sagte: „Unverhohlen betrügt die Autoindustrie auch mit modernsten Dieselmodellen weiter, sie tut es nur raffinierter.“ Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) könne die Hoffnung begraben, dass allein durch den Verkauf neuer Diesel die Luft in den Städten sauber werde. Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, prophezeite: „Es wird noch viel mehr nachkommen, auch bei anderen Autoherstellern.“

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