Wirtschaft BASF-Gasförderung liegt auf Eis

In zwei Gemeinschaftsunternehmen mit dem russischen Konzern Gazprom ist die BASF-Tochter Wintershall seit mehr als zehn Jahren a
In zwei Gemeinschaftsunternehmen mit dem russischen Konzern Gazprom ist die BASF-Tochter Wintershall seit mehr als zehn Jahren an der Förderung von Erdgas in Russland beteiligt. Unser Bild zeigt eine Bohrung im Urengoi-Feld in Sibirien.

«Ludwigshafen». Der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF hat 2015 seinen 50-Prozent-Anteil am gemeinsam mit dem russischen Energieriesen Gazprom betriebenen Gashandels- und Gasspeichergeschäft weggetauscht und damit 13 Milliarden Euro Jahresumsatz sowie eine halbe Milliarde operativen Gewinn abgegeben. Aber die dafür eingetauschten Gasförder-Aktivitäten bringen bisher weder Umsatz noch Gewinn.

Die beiden Unternehmen haben im September 2015 mitgeteilt, dass Gazprom den von der BASF-Tochter Wintershall gehaltenen Anteil am Gashandels- und Speichergeschäft übernehme. Durch das Tauschgeschäft hat die Wintershall einen Anteil von 25,01 Prozent an den Blöcken 4 und 5 der sogenannten Achimov-Formation des Urengoi-Erdgas- und Kondensatfelds von Gazprom in Westsibirien bekommen. Die Gasproduktion und damit der Verkauf des dort geförderten Energieträgers sollte nach ursprünglichen Plänen 2016 starten und wurde dann auf 2018 verschoben. Inzwischen sei der Start der Produktion für 2020 vorgesehen, teilte die BASF jetzt auf Anfrage der RHEINPFALZ mit. Als Grund nennt das Unternehmen das „herausfordernde Marktumfeld“. Gemeint ist damit offenbar das seit einiger Zeit herrschende Überangebot an den Gasmärkten. Das hat im Großhandel, an den Rohstoffbörsen und an den Spotmärkten zu deutlichen Preisrückgängen geführt. Die kommen beim Endverbraucher zwar nur stark abgeschwächt und zeitlich verzögert an. Aber die Gasförderunternehmen wie Gazprom und Wintershall bekommen sie schmerzlich zu spüren. Anbieter wie die beiden Unternehmen reagieren darauf mit dem Verschieben geplanter Inbetriebnahmen neuer Förderfelder. Damit wollen sie vermeiden, dass das Überangebot noch weiter wächst und der Preisdruck noch größer wird. Aktuell liefen Vorbereitungsarbeiten für die Feldentwicklung wie die Dokumentation und die planerische Vorbereitung des Bohrvorhabens, so die BASF. Für Endverbraucher sei der Gaspreis gegenüber der Vorjahreszeit um 4 Prozent und gegenüber August 2013 um rund 16 Prozent gesunken, hat das Internetportal Verivox ermittelt. Die Preise für Industriekunden, die die tatsächliche Entwicklung der Erzeuger- und Großhandelspreise besser widerspiegeln, sind viel stärker abgesackt. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes lagen die Durchschnittspreise für industrielle Abnehmer in Deutschland im zweiten Halbjahr 2016 um 30 Prozent niedriger als drei Jahre zuvor. Im Fünf-Jahresvergleich sei der Preis an den Spotmärkten, wo Gas für sofortige Lieferung gehandelt wird, um 36 Prozent gefallen, so Verivox. Der Übergangspreis an der deutschen Grenze sei sogar um 45 Prozent abgerutscht. Beim Verbraucher angekommen sei davon bisher aber nur rund ein Drittel der Preisrückgänge. BASF-Chef Kurt Bock hatte das Tauschgeschäft mit Gazprom damit begründet, dass sich der Ludwigshafener Chemiekonzern darauf konzentriere, in öl- und gasreichen Regionen „an der Quelle profitabel zu wachsen“. Die BASF wolle mit den Gashandelsaktivitäten margenschwächeres Geschäft gegen verlockende Zukunftsperspektiven in der Gasförderung in Westsibirien eintauschen. Statt auf dem technisch relativ einfachen und nur durchschnittlich profitablen Feld des Gashandels wolle sich die BASF lieber auf anspruchsvoll zu erschließende, aber hochprofitable Erdgasfelder in Sibirien konzentrieren. In beiden Blöcken, an denen die BASF durch das Tauschgeschäft beteiligt wurde, lagern 274 Milliarden Kubikmeter Erdgas und 74 Millionen Tonnen Kondensat – ein hochwertiges flüssiges Gemisch von Kohlenwasserstoffen. Die beiden Blöcke sollen einmal mindestens acht Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr liefern. Das wären rund 10 Prozent des jährlichen Gasverbrauchs in Deutschland. Die BASF macht keine Angaben zu Umsatz- und Gewinnerwartungen für das eingetauschte Fördergeschäft. Die Preisfindung sei extrem komplex und hänge von Faktoren ab, die heute noch gar nicht bekannt seien, sagte ein Unternehmenssprecher. Das russische Ministerium für Wirtschaftsentwicklung geht derzeit laut russischen Medien von einem Preis für Gasexport aus Russland nach Europa und in die Türkei von 183 Dollar je 1000 Kubikmeter aus. Daraus lässt sich für den BASF-Anteil an der eingetauschten Förderung ein Wert von gut 300 Millionen Euro im Jahr ableiten. Kommentar/Nils erklärt

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