Fragen und Antworten Commerzbank: Abwehrschlacht mit neuer Chefin

Nach jahrelanger Krise hat die Commerzbank wieder in die Spur gefunden.
Nach jahrelanger Krise hat die Commerzbank wieder in die Spur gefunden.

Mitten im Streit um eine unerwünschte Übernahme durch die Konkurrentin Unicredit stellt die Commerzbank ihre Vorstandsspitze neu auf. Ist die Unabhängigkeit zu retten?

Weshalb wechselt die Commerzbank ausgerechnet jetzt die Konzernspitze aus?
Der Angriff von Unicredit hat die Frankfurter kalt erwischt. Die Italiener landeten ihren Coup fast unmittelbar, nachdem Commerzbank-Vorstandschef Manfred Knof verkündet hatte, seinen Ende 2025 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Die Avancen aus Mailand platzten also mitten in eine Führungsdiskussion. Knof galt in der Drucksituation nicht mehr als ideale Besetzung. Nun gab die Commerzbank bekannt, dass Finanzchefin Bettina Orlopp zum Monatsende seine Nachfolge antreten werde. Zum Stellvertreter will der Aufsichtsrat Firmenkundenvorstand Michael Kotzbauer ernennen.

Wie ist der Stand im Übernahmepoker?
Unicredit-Chef Andrea Orcel wirbt weiter für einen Zusammenschluss der Banken, betonte bei einer Konferenz in London aber, dass sein Unternehmen nicht unter Zugzwang stehe. „Wir können den Commerzbank-Anteil auch wieder verkaufen.“ Bei großen Fusionen brauche es Einigkeit. Damit lässt Orcel Druck aus dem Kessel, allerdings könnte das taktisches Geplänkel sein.

Wie stehen die Chancen für eine Fusion?
Unicredit hat sich über Finanzinstrumente einen Anteil von rund 21 Prozent an der Commerzbank gesichert und einen Antrag bei der Bankenaufsicht gestellt, auf 29,9 Prozent zu erhöhen. Jenseits von 30 Prozent müsste sie den Aktionären ein Pflichtangebot für deren Papiere unterbreiten. Die Italiener könnten also gut aufs Ganze gehen.

„Das sieht ganz klar nach einer kompletten Übernahme der Commerzbank aus, das wäre eine feindliche Übernahme“, sagte Michael Grote, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management, der Nachrichtenagentur Reuters. Unicredit-Chef Orcel hat wiederholt das Interesse seines Unternehmens deutlich gemacht, die Commerzbank ganz zu schlucken. Dabei stößt er allerdings auf politischen Widerstand.

Warum ist die Situation so verfahren?
Der Poker um die Commerzbank ist ein Politikum, da dem Geldhaus als wichtigem Mittelstandsfinanzierer eine tragende Rolle für die deutsche Wirtschaft zugeschrieben wird. Zudem wurde die Commerzbank in der Finanzkrise 2008 teilverstaatlicht, der Bund ist mit einem Anteil von zwölf Prozent noch immer zweitgrößter Aktionär. Dass Unicredit auf einen Schlag eine große Position aufbauen konnte, lag auch daran, dass die Bundesregierung ihre Beteiligung reduzieren wollte. Da sie die Aktien in einem diskriminierungsfreien Verfahren in einem großen Paket an den Höchstbietenden veräußerte, bot sich den Italienern eine günstige Gelegenheit zum Einstieg. Parallel deckte sich Unicredit mit Papieren am freien Markt ein und verschaffte sich über Finanzderivate die Möglichkeit, den Anteil weiter zu erhöhen. In Berlin und Frankfurt zeigte man sich vom Vorstoß von Unicredit überrumpelt und irritiert. Dabei eröffnete die Bundesregierung den Italienern mit der Aktienauktion selbst die Chance zum Angriff. Mittlerweile stehen die Zeichen auf Konfrontation. Am Freitag erklärte der Bund, vorerst keine weiteren Aktien der Commerzbank zu verkaufen. Damit wollte man Unicredit wohl einen Riegel vorschieben. Doch statt klein beizugeben, stockten die Italiener ihre Beteiligung weiter auf. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte seinem Ärger am Rande der UN-Versammlung in New York Luft: „Unfreundliche Attacken, feindliche Übernahmen, sind nicht das, was für Banken eine gute Sache ist.“

Welche Abwehrmöglichkeiten gibt es noch?
Außer verbaler Entrüstung bleibt der Bundesregierung wohl nicht mehr viel. Das wichtigste Pfund, mit dem der Bund noch wuchern kann, ist sein verbliebener Anteil von zwölf Prozent. Damit könnte Berlin dem Aufbau einer Kontrollmehrheit durch Unicredit zwar nichts entgegensetzen, aber immerhin verhindern, dass die Commerzbank vollständig geschluckt wird. Auf europäischer Ebene kann Deutschland nicht auf Unterstützung hoffen. Die Bankenaufsicht der EZB dürfte dem Antrag von Unicredit zustimmen. Die Commerzbank ist international ein Zwerg und in Europas zersplitterter Bankenlandschaft sind größere Institute gewünscht. Verhindern könnte die Übernahme theoretisch noch ein sogenannter weißer Ritter, der Unicredit beim Buhlen um die Commerzbank aussticht. In Frage käme dafür aber nur die Deutsche Bank, die kein Interesse hat.

Was bringt die Commerzbank Unicredit?
Nach jahrelanger Krise hat die Commerzbank endlich wieder in die Spur gefunden. Unicredit-Chef Orcel sieht bei ihr noch viel Potenzial für höhere Renditen. Die Italiener haben in Deutschland bereits gute Erfahrungen mit der vor knapp 20 Jahren übernommenen Hypovereinsbank gemacht, deren Ertragskraft sie mit Sparmaßnahmen steigerten. Die Gewerkschaft Verdi und der Gesamtbetriebsrat der Commerzbank stellen sich daher geschlossen gegen einen Zusammenschluss mit Unicredit.

Bettina Orlopp
Bettina Orlopp
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