Wirtschaft Der Mega-Deal für Freihandel

Die Europäische Union (EU) hat gestern mit Japan ihr bislang größtes Freihandelsabkommen vereinbart, kurz Jefta genannt. Der Deal gilt auch als deutliches Signal gegen die einseitige amerikanische Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump.

Bei der Vertragsunterzeichnung in Tokio sprach Japans Premierminister Shinzo Abe von einem „historischen Tag“ und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von einem „sehr ehrgeizigen Abkommen zwischen zwei der größten Volkswirtschaften der Welt“. Das europäisch-japanische Abkommen umfasst einen Markt von rund 600 Millionen Menschen, 30 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes und 40 Prozent des weltweiten Warenaustauschs. Die 560 Seiten des Dokuments haben aber auch noch ein anderes Gewicht. Der Vertrag sendet die Botschaft aus, dass sich die wirtschaftlichen Parameter auf der Erde verschieben lassen und die Dollar-Macht USA nicht mehr fast uneingeschränkt die Weltwirtschaft beherrscht. Europa und Japan profilieren sich als Protagonisten des freien Handels. So betrachtet ist Jefta deutlich mehr als nur der Austausch von Käse gegen Autos – eine Formulierung, mit der Washington versucht, das Abkommen herunterzuspielen. In Tokio sieht man das so: Jefta eröffnet den japanischen Fahrzeugkonzernen wie Toyota oder Nissan die Möglichkeit, ihre Autos bald fast zum Nulltarif nach Europa verschiffen zu können. Der Super-Deal eliminiert rund 99 Prozent aller Barrieren im Handel zwischen Europa und der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt. Aber es geht nicht nur um Zölle, sondern auch um die Angleichung von Gesetzen, etwa in den Bereichen geistiges Eigentum, Arbeits- und Umweltschutz. In der Konsequenz kann das bedeuten, dass die Standorte in Europa und Japan für alle global operierenden Firmen attraktiver werden, während die neuen Zollschranken zwischen den USA und Europa sowie China andererseits die Bedeutung einer Produktion in Amerika reduzieren. Eigentlich hatte die EU beabsichtigt, eine Freihandelszone mit den USA (TTIP) zu gründen, aber die Verhandlungen darüber liegen seit dem Amtsantritt von Trump auf Eis. Japan wollte ursprünglich mit den USA und zehn weiteren Ländern die transpazifische Freihandelszone TPP bilden, aber das Weiße Haus ließ auch dieses Vorhaben platzen. Tokio schloss den Pakt letztlich ohne Washington ab. Europa seinerseits beschleunigte in den zurückliegenden Monaten die Verhandlungen mit Japan – auch um ein Gegengewicht zur Abschottungspolitik von Trump zu schaffen. Da beide Seiten ursprünglich andere Prioritäten hatten, dauerte der Vertragsabschluss Japan-EU fast fünf Jahre. Dabei wäre der finale Akt beinahe noch buchstäblich ins Wasser gefallen. Japans Regierungschef musste wegen der verheerenden Hochwasserkatastrophe in Japan die Reise nach Brüssel absagen, so kamen die EU-Granden jetzt einfach nach Tokio. Dabei geht es um hohe Summen. 2016 summierte sich das Handelsvolumen zwischen der EU und dem fernöstlichen Industriestaat auf rund 129 Milliarden Euro. Brüssel verspricht sich von dem Mega-Deal für europäische Exporteure künftig eine Einsparung von jährlich 1 Milliarde Euro. Ökonomen schätzen, dass die EU in Zukunft doppelt so viele Waren wie bisher nach Japan liefern wird – nach bisherigen Berechnungen jährlich im Wert von etwa 180 Milliarden Euro, deutlich mehr als das derzeitige gesamte Handelsvolumen der beiden zusammen. Es geht aber nicht nur um Waren und Dienstleistungen, sondern auch um den Austausch von Daten. Die Tokioter Einigung soll den weltgrößten Wirtschaftsraum formieren, in dem persönliche Daten unter Wahrung hoher Sicherheitsstandards ausgetauscht werden können. Dabei gelten für Europäer in Japan die Standards aus Brüssel, und sie erhalten besseren Zugang zu den 127 Millionen japanischen Konsumenten.

x