Wirtschaft Deutsche Bank: Aufstand der Aktionäre

Die Kehrtwende ist geschafft: Das ist die Botschaft, mit der die Deutsche Bank auf der Hauptversammlung am Donnerstag vor ihre Aktionäre treten will. Milliardenschwere Rechtsstreitigkeiten sind beigelegt, Vorstandschef John Cryan sieht darin die Grundlage für gute Ergebnisse. Doch einflussreiche Aktionäre wenden sich gegen einen Schlussstrich unter die unschönen Affären. Sie werden von Stimmrechtsberatern unterstützt, die zunehmend wichtig werden.

Kritische Aktionäre der Deutschen Bank hinterfragen die Rolle des Aufsichtsratsvorsitzenden Paul Achleitner bei der Aufarbeitung diverser Skandale und fordern dazu externe Sonderprüfungen. Initiatorin dessen ist Aktionärin Marita Lampatz aus Gelsenkirchen. Sie hatte bereits im vergangenen Jahr eine Sonderprüfung gefordert und war mit 46 Prozent Zustimmungsquote dabei knapp gescheitert. Unterstützung erhielt Lampatz schon damals von sogenannten Stimmrechtsberatern. Das sind Unternehmen, die institutionelle Investoren wie etwa Pensionsfonds bei der Vorbereitung von Hauptversammlungen unterstützen. Dazu gehören auch Empfehlungen für das Abstimmungsverhalten. Der größte Stimmrechtsberater ISS aus den USA rät seinen Kunden, bei der Hauptversammlung am Donnerstag für alle drei von Lampatz beantragten Sonderprüfungen zu votieren. Der Stimmrechtsberater Glass Lewis geht noch einen Schritt weiter und empfiehlt, Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung für 2016 zu verweigern. Die Kritiker stützen sich auf Vorwürfe der britischen Finanzaufsichtsbehörde FCA. Diese hatte der Deutschen Bank 2015 vorgehalten, die Untersuchung eines milliardenschweren Zinsmanipulationsskandals behindert zu haben. Zudem soll grundsätzlich beleuchtet werden, warum Vorstand und Aufsichtsrat die Zinsmanipulationen sowie Geldwäschegeschäfte in Russland nicht früher aufdeckten. Da der Vorstand seither fast komplett ausgetauscht wurde, zielen die Anträge hauptsächlich auf den Aufsichtsrat und dessen Vorsitzenden Achleitner, der sich auf der Hauptversammlung für weitere fünf Jahre im Amt bestätigen lassen will. Aktionärin Lampatz warnt in ihrem Antrag, dies gebe Achleitner Gelegenheit zu einer „Vertuschung der relevanten eigenen Handlungen“. Ärger mit der Familie Lampatz ist die Deutsche Bank bereits gewohnt: Holger Lampatz, der Gatte der streitbaren Aktionärin und Gründer der mittlerweile insolventen IT-Firma Maxdata, streitet mit der Deutsche-Bank-Tochter Sal.Oppenheim seit Jahren über millionenschwere Verluste aus Fondsgeschäften. Die Stellungnahmen der einflussreichen Stimmrechtsberater vor der Hauptversammlung zeigen aber, dass es bei den Anträgen auf unabhängige Sonderprüfungen eben nicht nur um eine Privatfehde geht. So bemängeln die Experten von ISS, dass es über den Stand einer von der Bank angestrengten Untersuchung kaum Informationen gebe. „Es bleibt unklar, inwieweit Achleitners Rolle bei der unzureichenden Zusammenarbeit der Bank mit den britischen Behörden untersucht wurde“, monieret ISS. Welchen Einfluss die großen Stimmrechtsberater ausüben, bekam zu Monatsbeginn auch die Commerzbank zu spüren: Auf ihrer Hauptversammlung verfehlte eine von ISS kritisierte Satzungsänderung die erforderliche Zweidrittelmehrheit (wir berichteten). Es ging um eine Ausnahmeregelung für Notfälle: Bei einer existenziellen Schieflage der Bank sollte demnach die Einberufung einer Hauptversammlung in einer verkürzten Frist von nur zehn Tagen möglich sein. ISS hatte diese Frist als unzureichend bezeichnet. Neben dem britischen Pensionsfonds Hermes zählte ISS auch zu den lautstärksten Kritikern von SAP-Aufsichtsrat und Mitgründer Hasso Plattner, der auf der jüngsten Hauptversammlung nur knapp an einer Abstimmungsniederlage vorbeischrammte. ISS und Hermes hatten die Bonuszahlungen für das SAP-Management kritisiert und sich deshalb gegen die Entlastung des Aufsichtsrats ausgesprochen. Die Rückversicherung Munich Re muss ihr Vergütungssystem überarbeiten, weil es von den Aktionären niedergestimmt wurde – auch hier hatte ISS die Ablehnung empfohlen. Die Schweizer Bank Credit Suisse beugte sich schon vor ihrer Hauptversammlung im April dem öffentlichen Druck und senkte die Millionenbezüge ihrer Vorstände leicht. Kommentar

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