Wirtschaft Deutsche fremdeln bei Aktien

«Frankfurt.»Ohne Aktien geht es nicht (mehr) – das Credo von Bankern und Börsianern will zu Deutschlands Privatanlegern nicht recht durchdringen. Im Land der Sparweltmeister landen Studien zufolge nach wie vor mindestens die Hälfte der frisch angelegten Gelder auf Sparbüchern und Tagesgeldkonten – obwohl es dort seit Jahren kaum noch Zinsen gibt.

Zwar lockte der Boom an den Aktienmärkten 2017 wieder mehr Menschen an die Börsen. Doch die Quote der Aktionäre in Deutschland bleibt im internationalen Vergleich mickrig. Nach Erhebungen des Deutschen Aktieninstituts (DAI) besaßen 2017 im Jahresdurchschnitt gut zehn Millionen Menschen (10,06 Mio) hierzulande Aktien und/oder Anteile an Aktienfonds. Das ist der höchste Stand seit 2007 (10,3 Mio). 15,7 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahre oder etwa jeder sechste legt demnach direkt oder indirekt Geld an der Börse an. Das Gros der Deutschen jedoch macht nach wie vor einen Bogen um die Aktienmärkte. Die Präferenz der privaten Haushalte für „liquide und risikoarme Anlagen“ halte an, stellte die Deutsche Bundesbank fest. Demnach horteten die Bundesbürger Ende September 2270 Milliarden Euro und damit gut 39 Prozent ihres Geldvermögens als Bargeld oder als Einlagen auf Giro- und Tagesgeldkonten, wo sie es rasch umschichten können. Auf Aktien und/oder Fonds entfielen 632 Milliarden Euro und somit nur rund 11 Prozent des Geldvermögens der Privathaushalte. Der Absturz der als „Volksaktie“ angepriesenen Telekom-Papiere und das Platzen der New-Economy-Blase um die Jahrtausendwende haben viele Anleger in Deutschland nachhaltig verschreckt. „Einige Kleinanleger haben sich an den Aktienmärkten die Finger verbrannt“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kürzlich vor Banken- und Sparkassenvertretern in Frankfurt. „Das mag teilweise auch an mangelhaften Finanzkenntnissen liegen. Jeder zweite Deutsche sagt bis heute: Von Kapitalmärkten verstehe ich nichts.“ In Zeiten, in denen die Menschen gezwungen sind, privat fürs Alter vorzusorgen, wird das zunehmend zum Problem. „Sie werden in einem Niedrigzinsumfeld kein Einkommen und keinen Ertrag generieren, wenn sie nicht eine gesunde Position Aktien haben“, sagt Tobias Pross, Präsident des Fondsverbandes BVI. Allerdings wird beispielsweise in den USA Alterssicherung über den Kapitalmarkt viel stärker gefördert. Nach Erkenntnissen des Aktieninstituts halten sich in Deutschland vor allem die Jüngeren, die eigentlich für das Auf und Ab an den Börsen den längsten Atem hätten, beim Thema Aktien zurück. Gerade einmal 10,5 Prozent der Altersgruppe von 14 bis 39 Jahren sind Aktionäre. Überproportional viele Aktionäre und Aktienfondsbesitzer sind älter als 50 Jahre, zwei Drittel stammen aus Haushalten mit mindestens 3000 Euro monatlichem Nettoeinkommen. „Der Deutsche wäre mit Aktien immer am besten durch Krisen gekommen“, sagte unlängst der Frankfurter Bankier Friedrich von Metzler. „Dennoch investieren auch heute noch zu wenig Menschen in Aktien. Auch zeichnet sich die deutsche Politik durch einen gewissen Argwohn gegenüber dem Aktienmarkt aus.“ Die DZ Bank zum Beispiel sieht den deutschen Leitindex Dax zum Jahresende übrigens bei etwa 14.000 Punkten, das wären rund 1550 Punkte mehr als zurzeit – und das ist nicht einmal die optimistischste Prognose von Experten.

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