Konjunktur Engpässe bremsen Wachstum

B ei vielen Unternehmen sind derzeit die Auftragsbücher prallvoll, wegen der Lieferengpässe kommen sie aber mit der Produktion n
B ei vielen Unternehmen sind derzeit die Auftragsbücher prallvoll, wegen der Lieferengpässe kommen sie aber mit der Produktion nicht hinterher.

Die Konjunktur in Deutschland kommt nach Einschätzung von Ökonomen momentan nicht so recht auf Touren. Zugleich zeigen sich eine Reihe von Faktoren, die die ohnehin schon hohe Inflation weiter anheizen könnten.

„Wir erleben einen Aufschwung mit angezogener Handbremse“, sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, am Mittwoch bei der Vorstellung der neuen IMK-Prognose.

Die Engpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten wie Halbleitern bremsten das Wachstum der deutschen Wirtschaft bis weit ins nächste Jahr. Vor allem die Industrieproduktion könne dadurch derzeit nicht mit den boomenden Auftragseingängen mithalten.

Die IMK-Forscher senkten deshalb ihre Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts 2021 deutlich auf 2,6 Prozent. Im Juni waren sie noch von einem Anstieg im Jahresdurchschnitt von 4,5 Prozent ausgegangen. Dagegen erhöhten sie ihre Erwartungen für das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr um 0,2 Punkte auf 5,1 Prozent. 2022 werde der Konsum zum dominierenden Wachstumsfaktor, auch von den Investitionen komme ein kräftiger Beitrag, betonten sie. Damit sei „ein Rekordwachstum der deutschen Wirtschaft in Sicht“.

Die künftige Bundesregierung sollte zu kräftigen, kurzfristigen Investitionen bereit sein, falls es konjunkturelle Risiken gebe, empfehlen die IMK-Forscher, etwa bei einer erneuten Zuspitzung der Pandemie.

Steigende Heizkosten

Derweil sind die Importpreise im August so stark angestiegen wie zuletzt während der zweiten Ölkrise im Jahr 1981. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte, waren die Importpreise im August um 16,5 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Grund für den Preisanstieg waren demnach insbesondere teurere Energieimporte. Insgesamt stiegen die Preise für importierte Energieträger wie Erdgas oder Erdöl im Vorjahresvergleich um 93,6 Prozent. Das bedeutet für Haushalte steigende Heizkosten. Besonders deutlich stiegen die Preise für Erdgas: Sie lagen im August 2021 um 177,5 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Bereits im Juli war der Erdgaspreis im Vorjahresvergleich um 170,5 Prozent gestiegen, im Juni waren es 150 Prozent. Auch Erdöl verteuerte sich im August im Vergleich zum Vorjahr um 63,6 Prozent. Würden die Energiepreise in dem Importpreisanstieg nicht berücksichtigt, läge dieser bei 9,8 Prozent.

Kaffee und Holz teurer

Doch auch andere Güter verzeichneten deutliche Preisanstiege: Insbesondere Vorleistungsgüter wie Eisenerze (plus 96,8 Prozent), gesägtes und gehobeltes Holz (plus 61,6 Prozent) sowie Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen (plus 57,7 Prozent) wurden teurer. Auch Rohaluminium (plus 42,6 Prozent), Kunststoffe (plus 41,4 Prozent) und Rohkupfer (plus 40,2 Prozent) mussten zu höheren Preisen importiert werden.

Auch die Importpreise von landwirtschaftlichen Gütern stiegen an. Insbesondere Naturkautschuk (plus 41,7 Prozent) und Rohkaffee (plus 34,5 Prozent) sowie Getreide (plus 25,6 Prozent) verteuerten sich. Die Preise für den Import von lebenden Schweinen sanken hingegen um rund 20 Prozent.

Zugleich hat sich der Materialmangel in der Industrie nach Einschätzung des Ifo-Instituts weiter verschärft. Wie die Münchner Forscher am Mittwoch mitteilten, berichteten im September 77,4 Prozent der Industriefirmen in Deutschland über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen. Damit sei der Wert vom Vormonat „nochmal übertroffen“ worden. Im August lag der Anteil in der Ifo-Umfrage bei gut 69 Prozent.

Bei den Firmen lägen viele Aufträge, sie könnten diese „gegenwärtig aber nicht produzieren“, so das Institut. Besonders ernst sei die Lage in der Autoindustrie – dort berichteten „nahezu alle Unternehmen“ (97 Prozent) von Problemen. In der Branche fehlen vor allem Halbleiter.

Auch bei elektrischen Ausrüstungen (93 Prozent), der Chemischen Industrie (67 Prozent) und im Maschinenbau (89 Prozent) gebe es Probleme. Eine Entspannung sei nirgends in Sicht, so das Institut. Als Folge davon wollen demnach immer mehr Unternehmen die Preise erhöhen.

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