Wirtschaft Ex-Deutschbanker sollen zahlen

Nach den milliardenschweren Bußgeldzahlungen für Skandale aus der Vergangenheit will der nationale Geldbranchenprimus Deutsche Bank seine Ex-Chefs zur Kasse bitten. Sonderprüfungen wird es aber keine geben.

Zwei der größten Rechtsstreitigkeiten der Deutschen Bank werden nicht noch einmal von externen Sonderprüfern durchleuchtet. Eine Aktionärin scheiterte auf der Hauptversammlung gestern in Frankfurt mit entsprechenden Anträgen, obwohl sie die Unterstützung der einflussreichen Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis hatte. Die schleppende Aufarbeitung von Skandalen aus der Vergangenheit hat dem Management gestern scharfe Kritik von Aktionären eingetragen. „Die zurückliegenden zehn Jahre waren zehn verlorene Jahre“, sagte Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) gestern auf der Hauptversammlung der Bank in Frankfurt. Von einer „verlorenen Dekade“ sprach auch Ingo Speich von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken. 2007 hatte die Deutsche Bank einen Rekordgewinn von 6,5 Milliarden Euro eingefahren. Schon im Folgejahr holte die weltweite Finanzkrise aber auch den deutschen Branchenprimus ein. An den milliardenschweren Kosten für die Altlasten will die Bank nun frühere Vorstandsmitglieder beteiligen: Es werde geprüft, ob ehemaligen Vorständen „eine persönliche oder kollektive Verantwortung für Fehler der Vergangenheit zukommt“, sagte Aufsichtsratschef Paul Achleitner, den die Aktionäre gestern Abend für weitere fünf Jahre in den Aufsichtsrat wählten. Diesem soll er weiterhin vorstehen. Man befinde sich „in konstruktiven Gesprächen, ob die seinerzeit agierenden Vorstandsmitglieder freiwillig zur Leistung eines wesentlichen finanziellen Beitrags bereit sind“, sagte der Chefaufseher. Die Bank hat bereits 2015 und 2016 Bonuszahlungen einbehalten, die unter anderem den ehemaligen Bankchefs Anshu Jain, Jürgen Fitschen und Josef Ackermann zugesagt worden waren. Der von Achleitner angesprochene „finanzielle Beitrag“ ginge über diese Summen hinaus. Achleitner selbst wurde gestern aus der Schusslinie genommen. Die Bank habe den Verdacht, dass er mitverantwortlich sei für Fehler bei der Aufarbeitung früherer Skandale, 2016 von mehreren externen Gutachtern prüfen lassen, teilte Rechtsvorstand Karl von Rohr mit. Diese seien zu dem Ergebnis gekommen, „dass Herr Doktor Achleitner seine Pflichten als Mitglied und Vorsitzender des Aufsichtsrats nicht verletzt hat“. Achleitner ist seit 2012 im Amt. Die britische Finanzaufsichtsbehörde FCA hatte der Bank im Frühjahr 2015 vorgeworfen, ihre Untersuchungen in einem Zinsmanipulationsskandal behindert zu haben. Wegen der Manipulationen musste das Institut damals 2,5 Milliarden Dollar (2,25 Mrd Euro) Strafe an Behörden in Großbritannien und den USA zahlen. Wenig später zerbrach die Führungsspitze aus den damaligen Bankchefs Jain und Fitschen. In Jains Fußstapfen trat damals der Brite John Cryan, der die Bank seit einem Jahr alleine führt. Ihm bescheinigen selbst Kritiker, die Aufräumarbeiten vorangebracht zu haben. Mehrere Aktionärsvertreter äußerten aber Zweifel an Cryans Zukunftsplänen, zu denen die vollständige Integration der Deutsche-Bank-Tochter Postbank in den Mutterkonzern gehört. Noch vor zwei Jahren hatte die Deutsche Bank angekündigt, die Postbank verkaufen zu wollen, weil die bei der Übernahme ursprünglich erhofften Synergieeffekte ausblieben. Für den ersten Anlauf hatte die Bank nach gestrigen Angaben 1,4 Milliarden Euro ausgegeben. Die von Jain und Fitschen 2015 angestoßene Entflechtung kostete 200 Millionen Euro. Die nun angestrebte Zusammenführung wird nach Schätzung des Vorstands weitere 1,9 Milliarden Euro kosten. Dafür hofft Cryan, ab 2022 Synergieeffekte von 900 Millionen Euro jährlich zu heben. Angesichts der hohen Kosten kritisierten Aktionärsvertreter die Personalausgaben. Allein die Boni der vergangenen zehn Jahre beliefen sich auf 33 Milliarden Euro. Das entspricht in etwa dem Betrag, den das Institut im gleichen Zeitraum durch Kapitalerhöhungen von den Aktionären erhielt.

x