Wirtschaft „Lanz-Bulldog ein Meilenstein in der Traktor-Entwicklung“

Zwölf PS: der erste Deere-Traktor Waterloo Boy im Jahr 1918.
Zwölf PS: der erste Deere-Traktor Waterloo Boy im Jahr 1918.

«Mannheim.» Einen Meilenstein für die Entwicklung von Traktoren nennt Bernhard Hass die Erfindung des Bulldog durch das 1956 vom US-Konzern John Deere übernommene Mannheimer Unternehmen Heinrich Lanz. „Der Bulldog gilt heute noch bei vielen als Synonym für Traktoren“, sagte der Senior Vice President bei der Feierstunde „100 Jahre John-Deere-Traktoren“ gestern in Mannheim.

Erste Versuche mit fahrbaren Feldmaschinen hatte das 1837 gegründete US-Unternehmen John Deere bereits 1913 gemacht. Doch die Entwicklungen schlugen fehl oder waren viel zu teuer für den damaligen Markt. 1918 dann entschied der Vorstand nach sehr kontroversen Diskussionen, wie sie Markwart von Pentz, Präsident der Deere-Landtechniksparte, gestern in Originalzitaten in Erinnerung rief, die Firma Waterloo Gasoline Engine Company zu kaufen. Für den damals stolzen Preis von rund 2,3 Millionen Dollar, was heute nach Berechnungen der Bundesbank einem Wert zwischen 23 und 30 Millionen Euro entspricht. Die Skeptiker, die dem Ackergaul eine weitere Zukunft prophezeiten, wurden überstimmt. Der Waterloo Boy N mit einer Leistung von zwölf Pferdestärken war der erste Traktor, den John Deere selbst baute und der bereits in den heute für die Marke typischen Farben Grün und Gelb lackiert war. Schon im ersten Jahr wurden mehr als 5600 Stück verkauft. Es war der Einstieg in die Traktoren-Massenproduktion. Und rückblickend eine Entscheidung, die den Grundstein für die heutige Marktpräsenz und Technologieführerschaft des Konzerns legte. Mit Traktoren, wie sie in Mannheim – dem größten Werk außerhalb Nordamerikas – hergestellt werden erzielt John Deere zwei Drittel seines Umsatzes in Europa, dem Nahen und Mittleren Osten, Nordafrika sowie in den Ländern der Gemeinschaft unabhängiger Staaten. 1956 übernahm John Deere die Mannheimer Firma Heinrich Lanz. Fritz Huber hatte 1921 einen Traktor – den Bulldog – entwickelt, der mit nahezu jedem Treibstoff lief – vom Rohöl bis zum Pflanzenöl aus heimischer Produktion. Mit immer neuen Modellen und Innovationen festigte John Deere in den Folgejahren seine Position auf dem Markt. Dass heute noch in Mannheim Traktoren gefertigt werden, daran hat Michael Frank, bis 1998 Geschäftsführer der Europa-Zentrale und als Senior Vice President Mitglied der US-Konzernleitung, großen Anteil. Frank, – wie der heutige Vorstandschef Samuel R. Allen gestern Gast bei der Feierstunde – konnte Pläne verhindern, das Werk zu schließen. Heute arbeiten in Mannheim, Sitz der Europa-Zentrale und der deutschen Deere-Landesgesellschaft, mehr als 6500 Mitarbeiter, darunter 3000 in der Fertigung. Im vergangenen Jahr wurden in Mannheim 27.100 Traktoren hergestellt. Die Gesamtproduktion seit 1921 liegt bei 1,84 Millionen Traktoren, die heute in über 100 Länder exportiert werden. Doch wie sieht der Traktor der Zukunft aus? Was wird eine Maschine in 30 oder 40 Jahren auszeichnen? Elektrischer Antrieb, autonomes Fahren und eine deutlich höhere Leistung als heute (mehr als 800 PS pro Maschine) werden wichtige Themen sein, sagte Bernhard Haas, der als Senior Vice Präsident das globale Traktorengeschäft verantwortet. Bereits heute spielten viele Sensoren, GPS-Steuerung, die Kommunikation zwischen Traktor und Ackergerät eine große Rolle. In der Präzisionslandwirtschaft, dem Austausch von Maschinendaten und Bodenwerten für einen effizienten Einsatz beispielsweise von Düngemitteln ist John Deere seit vielen Jahren Technologieführer. Batteriebetriebene Maschinen seien möglich, sagte Haas. Angesichts eines Batteriegewichts von 15 Tonnen für einen zwölfstündigen Volleinsatz der größten Traktoren sei der Einsatz auf absehbare Zeit aber wohl nur bei kleineren Modellen praktikabel. Recht bald einsetzbar, so prognostiziert Haas, „werden autonom fahrende Traktoren sein“. Vor allem aber: Traktoren werden immer intelligenter werden.

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