Wirtschaft Nafta steht auf der Kippe

In angespannter und von Unsicherheit über die künftigen bilateralen Beziehungen geprägter Atmosphäre unternehmen Kanada und die USA einen erneuten Versuch, ihre bislang unüberbrückbaren Differenzen über eine Neuauflage des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta aus dem Weg zu räumen.

Kanadas

Premierminister Justin Trudeau machte vor Beginn der neuen Verhandlungsrunde deutlich, dass er nicht bereit sich, sich allen Forderungen der USA zu beugen. Seit gestern verhandeln in Washington Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer. Ursprünglich hatte US-Präsident Donald Trump den vergangenen Freitag als Frist für eine Einigung genannt. Nun wird weiterverhandelt. Als Stichtag gilt jetzt der 30. September. Nach kanadischer Darstellung muss bis dahin dem US-Kongress ein ausgehandelter Vertrag vorgelegt werden, damit dieser noch bis Ende November unterzeichnet werden kann. Im November stehen die Kongresswahlen in den USA an. Trump hatte am Wochenende das Verhandlungsklima nochmals belastet, als er in einem Tweet schrieb, es bestehe keine Notwendigkeit, Kanada im Nafta-Abkommen zu halten. Zuvor hatte er gesagt, einen Vertrag mit Kanada werde es zudem nur zu den Bedingungen der USA geben. Nafta wurde als trilaterales Abkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko geschaffen, aber die USA und Mexiko hatten sich Anfang vergangener Wochen überraschend auf einen bilateralen Vertrag geeinigt. Zu Kanadas Positionen gehört unter anderem das Festhalten an einem Schiedsgericht, vor dem Staaten gegen ihrer Ansicht nach ungerechtfertigte Zölle und Einfuhrbeschränkungen eines anderen Vertragsstaats klagen können. Dieser Mechanismus zur Streitschlichtung wird unter dem Stichwort „Kapitel 19“ diskutiert. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir einen Streitschlichtungsmechanismus wie Kapitel 19 brauchen, und wir werden daran festhalten“, sagte Trudeau. „Wir werden keinen Vertrag unterzeichnen, der schlecht für Kanadier ist, und offen gesagt, kein Kapitel 19 zu haben, das sicherstellt, dass Regeln eingehalten werden, wäre schlecht für Kanadier.“ Ein weiteres für Kanada sehr sensibles Thema sind Ausnahmeregelungen für Kanadas Kulturgüter und seine Kulturindustrie. Nach dem bisherigen Nafta-Vertrag werden sie nicht wie andere Waren und Unternehmen behandelt und nicht den Freihandelsregeln unterworfen, was unter anderem die Übernahme durch US-Unternehmen verhindert. „Wir haben klar gemacht, dass die Verteidigung der Ausnahmeklausel für Kultur fundamental für Kanadier ist“, sagte Trudeau. Es sei für Kanada unvorstellbar, dass ein US-Medienunternehmen kanadische Zeitungen oder Rundfunksender kaufen könnte, meinte der Regierungschef. Es wäre „die Aufgabe unserer Souveränität und Identität“.

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