Ratgeber Plötzlich einen Pflegefall in der Familie: Sieben Tipps, was zu tun ist
Was tun, wenn der Alltag plötzlich Kopf steht? Wenn ein Angehöriger zum Pflegefall wird? Mehr als fünf Millionen Bundesbürger gelten im Rahmen der Pflegeversicherung als pflegebedürftig. Sozialverbände wie Malteser und Caritas, Verbraucherverbände sowie die Krankenkassen haben für diese Situation Tipps parat.
Tipp 1: Beratung holen
Egal, ob die Anzeichen schon länger auf eine Pflegebedürftigkeit hindeuten oder ob der Pflegefall plötzlich eintritt: Wichtig ist professionelle Beratung. Denn es gilt, Anträge zu stellen, Betreuung zu organisieren. Der Pflegegrad muss bestimmt werden, um Gelder aus der Pflegeversicherung zu erhalten. Es braucht Hilfsmittel, und vielleicht muss auch ein ambulanter Pflegedienst oder ein Heim gesucht werden.
Beratung bieten Pflegestützpunkte in den Kommunen, Seniorenbüros und die Beratungsstellen bei den Wohlfahrtsverbänden. In Kliniken gibt es Sozialdienste, die bei ersten Schritten helfen. Auch im Internet finden sich Möglichkeiten der Online-Beratung. So betreiben die Ersatzkassen das Webportal pflegelotse.de, das Nutzerinnen und Nutzer mit Informationen bei der Suche nach einem ambulanten Pflegedienst, einer stationären Pflegeeinrichtung, Angeboten zur Unterstützung im Alltag (Einzel- und Gruppenbetreuung, Hilfe im Haushalt, Entlastungsangebote für Pflegende) oder einem häuslichen Betreuungsdienst unterstützt. Die AOK betreibt den Pflege-Navigator. Die Kassen bieten zudem Pflegekurse an, die ganz praktische Hilfen für die Pflege daheim vermitteln.
Tipp 2: Arbeit aufteilen
Pflege kann sehr belastend sein, insbesondere wenn man berufstätig ist. Wer die Möglichkeit hat, Verwandte, Nachbarn oder enge Freunde mit einzubinden, sollte das möglichst von Beginn an tun. Denn es gibt viel zu organisieren und zu recherchieren.
Tipp 3: Zeit freischaufeln
Pflegende Angehörige haben kurzfristig gesetzlichen Anspruch auf bis zu zehn Tage Freistellung sowie Pflegeunterstützungsgeld, um die Erstversorgung des Pflegefalls zu gewährleisten und die weitere Pflege zu planen. Danach können sie Pflegezeit oder Familienpflegezeit nehmen und eine Auszeit vom Job einlegen, wenn sie selbst für die Pflege aufkommen. Kann der zu pflegende Angehörige momentan nicht zu Hause versorgt werden, halten Seniorenheime Plätze für Kurzzeitpflege vor – davon gibt es allerdings viel zu wenige. Der Anspruch ist auf acht Wochen pro Kalenderjahr beschränkt.
Tipp 4: Vorsorgevollmachten
Es ist sehr hilfreich, wenn der zu Pflegende vertrauten Personen bestimmte Rechte einräumt, die in seinem Sinne sind und den Alltag erleichtern. Das gilt etwa für den Zugang zu Bankkonten. Falls der Pflegebedürftige infolge eines Unfalls, einer Erkrankung oder Behinderung nicht mehr selbst Entscheidungen treffen kann, sollten eine Vorsorgevollmacht und eine Betreuungsverfügung wichtige Fragen regeln. Auch eine Patientenverfügung für den Fall schwerer Krankheit ist wichtig. Liegen diese Vollmachten nicht vor, kann das Amtsgericht eine Rechtliche Betreuung anordnen.
Tipp 5: Pflegegrad beantragen
Der wichtigste Schritt bei einem Pflegefall in der Familie: Leistungen bei der Pflegeversicherung beantragen. Dafür treten Angehörige mit der zuständigen Pflegekasse in Kontakt. Ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (MDK) prüft dann – meist im Rahmen eines Hausbesuchs – ob und in welchem Ausmaß Pflegebedürftigkeit vorliegt. Je nach Pflegegrad stehen Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen verschiedene Leistungen zu.
Tipp 6: Kosten klären
Pflege kostet Geld. Darum von Beginn an schauen, was die Kranken- oder die Pflegeversicherung zahlt, wie hoch der Eigenanteil für einen Platz im Altenheim ist und ob über die Sozialhilfe ein Teil der Pflegekosten gedeckt werden kann. Die Kosten können sich je nach Einrichtung stark unterscheiden. Unter bestimmten Voraussetzungen können Kinder der pflegebedürftigen Personen unterhaltspflichtig sein. Bei der Berechnung gibt es Freibeträge, Selbstbehalte und Schonvermögen.
Tipp 7: Heime und Pflegedienste finden und vergleichen
In Deutschland existieren etwa 18.000 ambulante Pflegedienste und 11.600 vollstationäre Pflegeheime. Angebote wie beispielsweise der Pflegelotse und der Pflege-Navigator zeigen nach Eingabe der Postleitzahl alle Angebote zum gesuchten Versorgungsbereich in der Nähe an. Verpflichtende Qualitätsberichte geben unter anderem Auskunft darüber, wie selbstständig Bewohner soziale Kontakte pflegen, die eigene Körperpflege verrichten oder wie häufig negative Ereignisse wie Dekubitus oder schwere Stürze auftreten. Analog dazu werden ambulante Pflegedienste aktuell in sogenannten Transparenzberichten bewertet.