Wirtschaft Portugal: Neuverschuldung deutlich gesunken

Wegen der völlig aus dem Ruder gelaufenen Staatsverschuldung brauchte Portugal 2011 einen Notkredit von Europäischer Union und I
Wegen der völlig aus dem Ruder gelaufenen Staatsverschuldung brauchte Portugal 2011 einen Notkredit von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Höhe von 78 Milliarden Euro. Das Foto zeigt eine portugiesische Euro-Münze.

«Lissabon.» Sogar Deutschlands strenger Finanzminister Wolfgang Schäuble scheint überrascht, wie sich die Portugiesen aus dem Schuldental arbeiten. Im vergangenen Jahr hatte er noch gewarnt, dass die sozialistische Regierung von António Costa mit ihrer Lockerung des Sparkurses das Land ruiniere und zurück in die Krise fahre. Nun soll Schäuble in der Runde des EU-Finanzministerrates (Ecofin) seinen portugiesischen Kollegen Mário Centeno sogar „als Ronaldo des Ecofin“ gelobt haben, wie Portugals Medien berichteten.

Nicht nur Schäuble ist offenbar davon angetan, wie die Portugiesen ihre Finanzhausaufgaben machen und ihr Haushaltsdefizit auf fast wundersame Weise senken. Auch Brüssel, das Lissabon vor einem Jahr noch mit Strafen drohte, übte sich dieser Tage im Schulterklopfen. Die EU-Kommission will Portugals Pflichterfüllung damit belohnen, dass das EU-Defizitverfahren gegen das Land am Atlantik beendet wird. Die Bilanz Portugals kann sich sehen lassen: Finanzminister Centeno schaffte es, die Neuverschuldung von 4,4 Prozent (2015) auf 2,0 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Jahr 2016 zu drücken – ein historischer Tiefstand. 2010 wies Portugal noch ein Minus von über 11 Prozent auf und rutschte damit in Richtung Staatspleite. 2011 erhielt das Land deshalb einen Notkredit von 78 Milliarden Euro von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF). „Wir haben Grund, zufrieden zu sein“, sagte Ministerpräsident Costa. Seiner sozialistischen Minderheitsregierung, die im Parlament von zwei kleinen Linksparteien gestützt wird, waren von den Brüsseler Sparkommissaren keine großen Erfolgschancen eingeräumt worden. Nun zeigt Costa, dass Haushaltsdisziplin und Sozialpolitik vereinbar sind. Ermutigt durch die guten Wirtschaftszahlen versprach Costa der Nation: „Wir werden auf dem eingeschlagenen Weg weitergehen.“ Die Sanierung des Staatshaushaltes sei „der Verdienst aller Portugiesen“, die in den vergangenen Jahren eine „traumatische“ Zeit durchgemacht hätten. Die Gläubiger-Troika hatte dem Land harte Auflagen gemacht: Steuern rauf, Staatsausgaben runter, Sparen bis zur Schmerzgrenze. Bis die ächzende Nation auf die Straße ging, „Troika raus“ rief und in der Parlamentswahl in 2015 die damalige konservative Regierung in die Wüste schickte. Costa bemühte sich dann, die Lebensqualität der Portugiesen wieder zu erhöhen, und versuchte einen Kurswechsel: Die Steuerlast wurde etwas verringert, einige soziale Wohltaten verteilt, ein Sparkurs light gefahren. Dass Costa diese Quadratur des Kreises gelang, hat er zweifellos auch der günstigen Konjunktur zu verdanken: Der Tourismus, wichtigstes Konjunkturstandbein, boomt wie noch nie. Die Urlaubsindustrie Portugals, das als sicheres Reiseland gilt, wuchs im Jahr 2016 um spektakuläre 13 Prozent, schob die Wirtschaft stärker als erwartet an und ließ die Steuereinnahmen sprudeln. Für 2017 wird ein stabiles Wachstum von mehr als 2 Prozent erwartet. Die Arbeitslosigkeit, die auf dem Höhepunkt der Eurokrise bei 17,5 Prozent lag, ist unter die 10-Prozent-Marke gefallen. Nur die hohen Gesamtschulden Portugals lassen die Analysten der Ratingagenturen noch an der Erholung Portugals zweifeln. Die Einstufung der Staatsanleihen liegt daher immer noch knapp über Ramsch-Niveau. Mit 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hatte Portugal 2016 den dritthöchsten Schuldenberg aller EU-Länder, nur Griechenland und Italien sind noch schlechter dran. Nils erklärt

x