Verkehr Radeln mit sicherem Köpfchen

Beim Kauf sollte man vor allem darauf achten, dass der Helm gut sitzt, raten Experte. Dies könne man am leichtesten sicherstelle
Beim Kauf sollte man vor allem darauf achten, dass der Helm gut sitzt, raten Experte. Dies könne man am leichtesten sicherstellen, wenn man im Fachhandel vor Ort kaufe.

Keine Helmpflicht und trotzdem sind immer mehr Fahrradfahrer mit Helm unterwegs. Doch gilt es einiges zu beachten, wenn man sich in die Riege der Helmträger einreihen will. Und Neuerungen bieten die Produkte auch.

Immer seltener oben ohne: In Deutschland tragen Fahrradfahrer so häufig einen Helm wie nie zuvor. 2021 war fast jeder dritte Fahrradfahrer mit Kopfschutz unterwegs – das ergab eine Erhebung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BaSt).

Damit setzte sich der Trend der vergangenen Jahre fort. Denn seit 2016 ist die Helmtragequote bei Fahrradfahrern von damals 17 Prozent auf inzwischen fast 32 Prozent gestiegen. Eine sichere Entwicklung. Denn Helme können wirksam vor schweren Kopfverletzungen schützen. Allerdings schützen sie letztlich nur den Kopf.

Der Helm könnte Radfahrer leichtsinniger machen: „Stichwort Risikokompensation – man fühlt sich durch seinen Helm geschützt, drängelt wie ein Harakiri-Fahrer durch die Stadt und hebt so die Schutzwirkung gewissermaßen wieder auf“, sagt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Es sei also generell gut und wichtig, einen Helm zu tragen. Dieser schütze aber nicht vor allem.

Passen muss er

In Deutschland müssen alle Helme Mindeststandards erfüllen. Das tun sie, wenn sie ein CE-Kennzeichen tragen und nach der Norm DIN EN 1078 getestet wurden. Wie gut ein Fahrradhelm wirklich sei, lasse sich von Laien aber schwer beurteilen, sagt Filippek. Er schlägt vor, sich mit Tests wie denen der Stiftung Warentest zu beschäftigen. Auch der ADAC hat schon verschiedene Fahrradhelme geprüft.

Beim Kauf sollte man vor allem darauf achten, dass der Helm gut sitze, erklärt der Experte. „Wenn man mit dem Kopf wackelt, sollte der Helm an Ort und Stelle bleiben.“ Dies könne man am leichtesten sicherstellen, wenn man im Fachhandel vor Ort kaufe.

Auch weil man sich nicht darauf verlassen kann, dass eine bestimmte Größe auf jeden Fall passt. Die Hersteller hätten alle ihre eigene Philosophie, wenn es um die Gestaltung der Schale gehe. „Daher kann mir eine Größe bei dem einen Hersteller richtig gut und bei dem anderen gar nicht passen“, sagt er.

Mehr Komfort

Laut Filippek bedeutet ein höherer Preis bei Fahrradhelmen vor allem eines: mehr Komfort. In den höheren Preisklassen sei es leichter, einen Helm mit guter Passform zu finden. Außerdem gelte: Je teurer der Helm desto leichter und besser belüftet ist er.

Vor allem im sportlichen Bereich sei das sehr relevant: „Wenn ich im Sommer irgendwo langsam bergauf fahre, wird es unter dem Helm brüllend heiß – deswegen brauche ich gerade da eine gute Belüftung“, sagt Filippek. Auch laut Thomas Geisler vom Pressedienst-Fahrrad kann sich ein teurer Helm lohnen: „Ein Rennradhelm für 200 Euro, der ist so leicht, dass man ihn gar nicht mehr spürt.“

Mehr Funktionen

Außerdem gebe es in den höheren Preissegmenten auch technische Entwicklungen, die für mehr Sicherheit sorgten. So zum Beispiel das Mips-System. Hier ist an der Innenseite des Helms eine Schale aus Kunststoff angebracht. Diese kann sich unabhängig von der Außenschale bewegen. So sollen Rotationskräfte abgefangen werden, die während eines Aufpralls aufs Gehirn wirken.

Für den sportlichen Bereich, zum Beispiel Downhill mit dem Mountainbike, können auch Zusatzsysteme wie Airbag-Rucksäcke und Soft-Protektoren sinnvoll sein. „Diese Protektoren sind ziemlich klein und elastisch und lassen sich auch beim Bergauffahren gut im Rucksack mitnehmen“, sagt Geisler. Wenn man dann stürzen sollte, sei man auf jeden Fall besser geschützt.

Für das alltägliche Fahren in der Stadt seien solche Airbag-Rucksäcke aber weniger praktikabel, erklärt Filippek. Er befürchtet, dass es den Leuten eher lästig wäre, dort einen extra Rucksack nur für den Airbag aufzusetzen.

Beim städtischen Radeln gebe es auch bei der Helmform andere Vorlieben: „Geschlossener, also eher Moped- als Tour-de-France-Optik“, sagt Filippek. Unter diesen Helmen seien vor allem solche zu empfehlen, die im Nacken weit nach unten reichen, weil sie den empfindlichen unteren Bereich des Hinterkopfes schützen.

Investition ins Leben

Wer mit seinem Helm einmal gestürzt ist, sollte ihn auf jeden Fall austauschen, sagt Thomas Geisler: „Selbst, wenn er nicht klar gebrochen ist, können kleine Risse im Helm sein.“ Aber auch wer unfallfrei bleibt, sollte sich nach einer gewissen Zeit einen neuen Helm zulegen. Um genau zu sein: Nach fünf Jahren, das empfehlen die meisten Hersteller.

Wichtig, um die Lebensdauer des Helmes nicht zu verkürzen: auf keinen Fall in der Sonne liegen lassen. „Die UV-Strahlung greift das Material an und kann so den Helm beschädigen“, sagt Geisler.

Airbag für den Kopf

Es gibt auch einen Helm, der ist gar keiner. Der Hövding aus Schweden wird als Kragen um den Hals getragen. Bei einem Unfall löst der Airbag im Kragen aus und schützt Kopf und Hals. Ein Helmtest in Frankreich hat ihn zum sichersten Helm der Welt gekürt. Die sehr gute Schutzwirkung des Hövding hat 2022 auch ein Test des ADAC bestätigt.

Voraussetzung ist aber, dass der Airbag-Kragen auch auslöst. Das sei laut ADAC „nicht in jeder Situation, etwa bei einem stumpfen Aufprall ohne Rotationsbewegung des Radlers, gewährleistet“.

Laut Hersteller ist der Hövding auch nur für den Straßenverkehr geeignet. Das liegt daran, dass im Gelände Äste oder Steine durch den Airbag stoßen könnten, so Geisler.

Auch beim Tragekomfort ist der Hövding Geschmackssache. So findet René Filippek es eher unangenehm, den schweren Kragen um die Schulter zu legen. Anderen sei es das aber vielleicht wert, wenn sie dafür den Kopf frei haben. Der größte Nachteil ist für ihn aber der Preis. Mit etwa 300 Euro ist der Hövding nichts für kleine Geldbeutel. Und natürlich muss auch er nach einem Unfall erneuert werden.

Blinken, funken und freisprechen

Der Hövding ist aber nicht der einzige außergewöhnliche Helm. Inzwischen gibt es Helme mit Blinker, Freisprechanlagen, Möglichkeiten, sich beim Radeln gegenseitig anzufunken und so weiter.

Einige dieser Features seien wirklich praktisch, findet Thomas Geißler: „Vor Kurzem hat mir ein älterer Herr erzählt, dass er den Funk im Fahrradhelm nutzt, um mit seiner Frau zu kommunizieren, wenn sie sich zu weit voneinander entfernt haben.“

Und ein Blinker am Helm sei im Stadtverkehr noch eine zusätzliche Möglichkeit gesehen zu werden – vor allem dann, wenn die Sicht auf das Fahrrad selbst von anderen Autos verdeckt wird.

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