Konsum Refurbished – Das zweite Leben fürs Handy

Eine Mitarbeiterin bei einer Refurbish-Firma schließt gebrauchte Handys an, um sie zu überprüfen.
Eine Mitarbeiterin bei einer Refurbish-Firma schließt gebrauchte Handys an, um sie zu überprüfen.

Wer nicht auf die allerneueste Technik bei Laptops und Smartphones angewiesen ist, hat eine Alternative, um den Geldbeutel und die Umwelt zu schonen.

Es wird geputzt, gelöscht und geschraubt – schließlich soll das einst gebrauchte Smartphone top aussehen, wenn es beim neuen Besitzer ankommt. Immer mehr Anbieter haben sich auf „Refurbishment“ spezialisiert. Das englische Verb „refurbish“ bedeutet aufpolieren, erneuern. Solche Dienstleister kaufen also gebrauchte Geräte, überholen sie und verkaufen sie dann weiter.

Es ist ein Trend, der bei Verbraucherinnen und Verbrauchern oft noch auf Skepsis stößt. Das Label „gebraucht“ hat für Zögernde einen unangenehmen Beigeschmack: Was kann alte Technik noch leisten? Und kann die Qualität mithalten?

Die Firma Interzero aus Berlin und Köln will gebrauchte Geräte aus dieser „Schmuddelecke“ holen. „Gebrauchte Technik zu kaufen, soll ein Erlebnis wie neu sein“, sagt Dirk Krolikowski, Leiter Betrieb, Technik und Prozesse. „Nur dann entsteht der Effekt des Weitererzählens.“ Also die Mund-zu-Mund-Propaganda zugunsten gebrauchter Ware.

Preis spielt große Rolle

Portale, auf denen gebrauchte Technik angeboten wird, gibt es inzwischen viele. Sie werben mit Slogans wie „Gut für dein Karma, gut für den Geldbeutel – refurbished statt neu kaufen“. Der Preis spielt dabei eine entscheidende Rolle, berichtet die Verbraucherzentrale. Aus Umfragen wisse man, dass die Mehrheit gar nicht auf die neusten Innovationen schaue. „Stattdessen ist oft der Preis wichtiger. Wer gebraucht kauft, spart Geld und Ressourcen.“ Bis zu 50 Prozent Ersparnis bei einem gebrauchten Gerät gegenüber einem Neukauf seien möglich.

Aus Sicht der Verbraucherzentrale muss jedoch genau hingeschaut werden. So sollten Verbraucherinnen und Verbraucher checken, ob es Qualitätsprozesse gibt, die ein Smartphone oder Laptop beim jeweiligen Anbieter gebrauchter Artikel durchlaufen muss. Die Bebilderung könne ein Hinweis sein. „Ist sie vom angebotenen Produkt im aktuellen Zustand oder ist es nur ein Katalogfoto?“.

Die meisten Geräte von Firmen

Bei Interzero ist es ein aufwendiger Weg vom abgegebenen Laptop oder Tablet bis zum generalüberholten Gerät. „Zunächst werden die Geräte ausgepackt, identifiziert und inventarisiert“, sagt Krolikowski. Die meisten Geräte kommen hier aus Firmen an und nur manche aus dem Privatgebrauch. Zuhause landet das alte Smartphone allzu oft in der Schublade. Nach Angaben des Digitalverbandes Bitkom lagerten im vergangenen Jahr 210 Millionen Alt-Handys in Haushalten in Deutschland. 87 Prozent der Bürger hatten demnach mindestens ein ausrangiertes Handy irgendwo herumliegen. Seit 2015 habe sich diese Anzahl mehr als verdoppelt.

Gründe dafür gibt es viele. Verbraucherinnen und Verbraucher haben etwa Angst um ihre gespeicherten Daten auf den alten Geräten. Datensicherheit spielt daher eine große Rolle beim Refurbishment.

„Die Daten werden sicher gelöscht“, berichtet Krolikowski in Berlin. „Es gibt Geräte, die stehen 18 bis 20 Stunden und die Festplatte wird immer wieder neu überschrieben“. Auf Kundenwunsch können Datenträger auch ausgebaut und geschreddert werden. Diese geschredderten Teile werden dann geschmolzen und können weiter verwendet werden, beispielsweise als Baumaterial für Geländer.

Pflicht zur Prüfung gefordert

Bei der Löschung werde auch geschaut, was das Gerät für technische Daten habe und wie der äußere Zustand sei. Also ob beispielsweise das Display kaputt ist oder Sticker entfernt werden müssen. Laut Krolikowski sind es etwa 3800 Smartphones in der Woche, die in Berlin aufbereitet werden. Interzero geht davon aus, dass es künftig noch mehr werden.

Aus ökologischer Sicht wäre das gut. Gebrauchte Geräte weiter zu benutzen, ist ressourcenschonend und spart Klimagase. Doch nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe reicht das nicht. „Es braucht eine Pflicht zur Prüfung auf Wiederverwendbarkeit bei der Sammlung und Erfassung von Elektro-Altgeräten“, sagte Thomas Fischer, Leiter für Kreislaufwirtschaft bei der Nichtregierungsorganisation Deutsche Umwelthilfe. Dabei sieht er die Bundesregierung in der Pflicht. „Wir haben zur Wiederverwendung von den Geräten keine gesetzlichen Vorgaben und Pflichten. Das heißt, da wird versagt.“

Gesetze in Vorbereitung

Das soll sich ändern: Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte sich Ende Juni zusammen mit ihren Amtskollegen der Länder für ein Recht auf Reparatur ausgesprochen. Dazu soll ein Reparaturgesetz erarbeitet werden, mit dem die Gerätehersteller dazu verpflichtet werden, Verbrauchern und Verbraucherinnen sowie fachlich kompetenten Reparateuren kostenlos und transparent Reparaturinformationen bereitzustellen.

Zudem soll noch dieses Jahr das Förderprogramm „Reparieren statt Wegwerfen“ auf den Weg gebracht werden. Es sei in Ressortabstimmung und werde somit weiter innerhalb der Bundesregierung beraten, sagt ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage.

Für niedrigere Mehrwertsteuer

Aus Sicht der Umwelthilfe wären das zwar richtige Schritte, doch die Pläne seien noch zu unkonkret. „Es gibt keinen konkreten Zeitplan“, sagt Fischer. „Und das, was da angesprochen worden ist, reicht am Ende auch nicht aus.“ Es müsse noch stärker daran gearbeitet werden, die Reparatur ökonomisch attraktiver zu machen.

Die Umwelthilfe fordert daher, Reparaturen beispielsweise durch einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz attraktiver zu machen. „Das heißt also, Arbeit und Reparatur muss finanziell grundsätzlich besser gestellt werden als der Neukauf von Produkten“, sagt Fischer.

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