Wirtschaft Urlaub: Türkei-Reisen wieder gefragt

Für das Wohl seines Wahlkreises ist dem türkischen Außenminister kein Weg zu weit. Mevlüt Cavusoglu vertritt im Parlament die Touristenhochburg Antalya. Deshalb kommt er morgen zur Eröffnung der Internationalen Tourismusbörse (ITB) nach Berlin.

Cavusoglu will dort nicht nur um deutsche Urlauber werben, sondern auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel treffen, um an der deutsch-türkischen Wiederannäherung weiterzuarbeiten, die beide Minister vor einigen Wochen eingeleitet haben. Beides hängt eng miteinander zusammen. Dass sich die Anzahl der deutschen Urlauber in der Türkei 2016 mehr als halbierte, hatte vor allem politische Gründe. Jetzt, wo sich nach der deutsch-türkischen Eiszeit Tauwetter ankündigt, interessieren sich wieder mehr Deutsche für einen Türkei-Urlaub. Tui, Europas größter Reisekonzern, meldet bei den Türkei-Buchungen aktuell ein kräftiges Plus. Auch Thomas Cook registriert eine stark steigende Nachfrage bei Türkei-Reisen. Beim türkischen Reiseveranstalter Corendon Touristic heißt es sogar, dass sich die Buchungen für die kommende Sommersaison gegenüber dem Vorjahr verdoppelt haben. Auf der ITB präsentiert sich die Türkei mit dem größten Stand aller Länder. Klotzen, nicht kleckern lautet das Motto. Die türkische Tourismusbranche hat schwere Jahre hinter sich. Im November 2015 führte der Abschuss eines russischen Bombers über Syrien durch die türkische Armee zu einer schweren Krise mit Russland. Kremlchef Wladimir Putin verhängte einen Reiseboykott gegen die Türkei. Die Anzahl der russischen Urlauber ging daraufhin um 80 Prozent zurück. 2016 kam es knüppeldick: In der Neujahrsnacht starben 39 Menschen bei einem Terroranschlag auf den Istanbuler Nachtklub Reina. Zwölf Tage später tötete ein Selbstmordattentäter vor der Blauen Moschee zwölf deutsche Touristen. Mit dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 war die Saison endgültig verloren. Die Anzahl der ausländischen Besucher stürzte von 36,2 Millionen im Vorjahr auf 25,4 Millionen ab. Kamen noch 2015 fast 5,6 Millionen Deutsche in die Türkei, waren es 2016 nur noch 2,6 Millionen. 2017 begann nicht besser. Die Verhaftung des „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel und mehrerer anderer Bundesbürger sorgte für schwere Spannungen. Das Auswärtige Amt reagierte mit verschärften Reisehinweisen und warnte vor willkürlichen Festnahmen. Staatschef Erdogan überzog derweil die Deutschen mit Nazi-Vergleichen. Dass dennoch im Herbst 2017 die Touristenzahlen in der Türkei wieder anzogen, war vor allem Erdogans Aussöhnung mit Russland zu verdanken. Stellten noch 2015 die Deutschen die größte ausländische Urlaubergruppe, setzten sich 2017 die Russen an die Spitze. Nun sollen auch die Deutschen zurückkehren. „2017 war das Jahr der Russen, 2018 wird das Jahr der Deutschen“, prognostiziert der türkische Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Lüfti Elvan. Auch Außenminister Cavusoglu, der erst im vergangenen Jahr die Europäer als „Barbaren“ dämonisierte, schlägt andere Töne an: „Ich möchte unsere deutschen Freunde dazu aufrufen, zurückzukehren und die Urlaube zu genießen, die sie in den vergangenen Jahren genossen haben“, sagte Cavusoglu im Januar. Die Regierung in Ankara belässt es nicht bei Appellen. Sie subventioniert Charterflieger mit bis zu 9000 Dollar (7300 Euro) pro Flug. Auch Kreuzfahrt-Reedereien können Zuschüsse kassieren.

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