Berlin Viele wollen früher in Rente

Wer mehr Wertschätzung, Selbstbestimmung und Flexibilität am Arbeitsplatz erlebe, der arbeite auch länger, sagen Experten.
Wer mehr Wertschätzung, Selbstbestimmung und Flexibilität am Arbeitsplatz erlebe, der arbeite auch länger, sagen Experten.

Einer von drei Beschäftigten ab 50 Jahren möchte laut einer Studie schon vor dem regulären Rentenalter aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Eine aktuelle Untersuchung zeigt, was Arbeitgeber dagegen tun könnten.

Einen vorzeitigen Ruhestand plant in Deutschland laut einer aktuellen Befragung jeder dritte Erwerbstätige ab 50 Jahren. Das geht aus dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) mit dem Titel „Fachkräftemangel: Was hält die Generation 50+ im Job?“ hervor.

Demnach wollen 31,3 Prozent der befragten Beschäftigten dieser Altersgruppe vorzeitig gehen, 46,9 Prozent zum regulären Renteneintrittsalter mit zumeist 67 Jahren und 17,1 Prozent danach. 4,7 Prozent gaben an, diesen Zeitpunkt bereits überschritten zu haben.

Auf die Frage, was sie sich von ihrem Arbeitgeber wünschen würden, um länger als geplant erwerbstätig zu bleiben, nannten drei von vier Befragten eine Anpassung der Arbeitszeit an ihre individuellen Bedürfnisse (73,7 Prozent). Unterstützung dabei, den Eintritt in den Ruhestand individuell zu gestalten, wünschten sich sieben von zehn Beschäftigten ab 50 Jahren (70,3 Prozent). Zwei Drittel möchten ein höheres Gehalt (66,5 Prozent). Auch Möglichkeiten, zwischen Teilzeit und Vollzeit zu wechseln (64,0 Prozent) und Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit (60,0 Prozent) wurden häufig genannt.

Für die Erhebung wurden im Januar 2024 bundesweit 1021 Beschäftigte ab 50 Jahren online befragt. Laut Statistischem Bundesamt sind in Deutschland rund 15,8 Millionen Menschen zwischen 50 und 69 erwerbstätig. Dies entspricht einem guten Drittel aller Erwerbstätigen.

Die Studie zeige „einen deutlichen Zusammenhang zwischen positiver Unternehmenskultur und dem Wunsch der Beschäftigten, später in den Ruhestand zu gehen“, sagte Fabian Krapf, Geschäftsführer des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung, das die Umfrage im Auftrag der TK durchführte. „Wer mehr Wertschätzung, Selbstbestimmung und Flexibilität am Arbeitsplatz erlebt, der arbeitet auch länger.“ Daher sei es für Arbeitgeber wichtig, genau an diesen Stellschrauben anzusetzen.

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

In einer weiteren Befragung von Geschäftsführern und Personalverantwortlichen aus 311 Unternehmen gaben jedoch nur etwas mehr als die Hälfte an, bereits flexiblere Arbeitszeiten anzubieten (57,0 Prozent). Bei Angeboten, den Übergang in den Ruhestand individuell zu gestalten, waren es sogar weniger als die Hälfte (48,8 Prozent). Wunsch und Angebot stimmten lediglich bei der Möglichkeit, zwischen Teilzeit und Vollzeit zu wechseln, sowie bei Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit überein, bilanzierte die TK.

Dem Zusammenhang zwischen Gesundheit und einem langen Arbeitsleben geht der Report der Kasse ebenfalls nach: Dafür wertete das Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen (Aqua-Institut) die Abrechnungsdaten von rund 420.000 TK-Versicherten aus, die zwischen 1948 bis 1956 geboren wurden.

Dabei ergab sich „ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Fehlzeiten der Beschäftigten in jüngeren Jahren und dem längeren Arbeiten über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus“, wie Thomas Grobe vom Aqua-Institut erklärt.

„Von den Beschäftigten, die im Jahr 2012 im Vorfeld des Beobachtungszeitraums keinen einzigen Tag arbeitsunfähig gemeldet waren, waren 14,1 Prozent mit 67 Jahren, also nach ihrem regulären Renteneintritt, immer noch berufstätig. Von den Beschäftigten, die 43 Tage oder mehr krankgeschrieben waren, waren es nur 7,1 Prozent.“ Im Schnitt arbeiteten demzufolge 11,6 Prozent über den Renteneintritt hinaus.

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