Luftverkehr Warum Airlines Flüge von deutsche Flughäfen streichen

Eurowings streicht 2025 Flüge ab Hamburg unter anderem nach Köln/Bonn.
Eurowings streicht 2025 Flüge ab Hamburg unter anderem nach Köln/Bonn.

Der Luftverkehr in Deutschland wächst nach Corona deutlich langsamer als in den meisten anderen europäischen Ländern. Airlines klagen über hohe Kosten, der Hauptgrund für aktuelle Streichungen von Flügen an deutschen Flughäfen ist aber ein anderer.

Dem Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) zufolge werden von September 2024 bis Ende Februar 2025 von, nach und innerhalb Deutschlands Flüge mit 115,7 Millionen Sitzplätzen angeboten. Das sind zwar 5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, aber auch immer noch 13 Prozent weniger als in der Zeit vor der Corona-Pandemie. Im europäischen Vergleich ist die Quote von 87 Prozent des Vor-Corona-Angebots relativ niedrig.

Einen besonders schmalen Flugplan haben die mittelgroßen Flughäfen wie Stuttgart (66 Prozent), Düsseldorf (74 Prozent), Köln (75 Prozent) oder Berlin (76 Prozent). Hamburg stand bis zu den jüngsten Ankündigungen mit 86 Prozent noch vergleichsweise gut da. Nach dem irischen Billigflieger Ryanair streicht nun aber auch Eurowings Flüge in der Hansestadt. In einem ersten Schritt werde man für 2025 mehr als 1000 Flüge aus dem Programm nehmen, sagte Jens Bischof, Chef der Lufthansa-Tochter. Eingestellt wird zum Sommerflugplan die innerdeutsche Verbindung nach Köln-Bonn. Sechs weitere Ziele in Europa und Nordafrika würden ebenfalls nicht mehr angeflogen.

Die Fluggesellschaften beklagen sich über hohe Kosten in Deutschland. Das ist zwar nicht falsch, blendet aber die wichtigsten Ursachen aus.

Experte Großbongardt: Es fehlen Flugzeuge

Der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt sagte dazu in einem Interview mit Spiegel.de: „Die Airlines versuchen, die Schuld an den hohen Ticketpreisen der Politik und den Flughäfen zuzuschieben. In Wirklichkeit aber liegt die Ursache woanders: Es fehlen Flugzeuge. Ryanair wird von Boeing nicht rechtzeitig beliefert wegen der Turbulenzen rund um die Sicherheitsprobleme bei der 737 Max. Airbus hinkt ebenfalls seinen Auslieferungsplänen hinterher. Und dann stehen weltweit noch mehrere hundert nagelneue Airbus-Flugzeuge am Boden, weil es ein Problem mit Triebwerken des Herstellers Pratt & Whitney gibt.“ Zu den Klagen über die hohen Kosten in Deutschland sagte Großbongardt: „Wir sind nun mal ein Hochlohnland, Arbeitskräfte sind knapp. Flugsicherung, Sicherheitskontrolle, Flughafengebühren – das bildet sich in den Ticketpreisen ab. In Amsterdam sind die Kosten noch höher, in der Schweiz und in Österreich ziemlich ähnlich.“

Ganz eindeutig hat der innerdeutsche Flugverkehr Federn gelassen. Im BDL-Flugplan ist für Inlandsflüge, die nicht als Zubringer an die Drehkreuze Frankfurt oder München gehen, nur noch ein Viertel der Sitze registriert, die vor der Corona-Pandemie angeboten wurden. Dass Eurowings nun die Verbindung Hamburg–Köln streicht, ist typisch für die Verlagerung von Dienstreisen auf die Bahn oder in Video-Konferenzen.

Im internationalen Vergleich fällt auf, dass Punkt-zu-Punkt-Anbieter ihr Angebot ab Deutschland deutlich auf 78 Prozent des Vorkrisen-Niveaus reduziert haben. Die Anzahl der von Deutschland direkt erreichbaren Ziele sinkt, wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in seiner regelmäßigen Studie feststellt. Viele Strecken werden nur noch von einem Anbieter geflogen, was zu höheren Ticketpreisen führt. Gleichzeitig wachsen Anbieter wie Ryanair oder Wizz als Unternehmen aber dynamisch und haben in Resteuropa ihr Angebot auf 125 Prozent ausgebaut.

Bei den Klagen der Flugbranche über die Kosten geht es im Kern um die zum 1. Mai um 25 Prozent erhöhte Luftverkehrssteuer (15,53 bis 70,83 Euro je nach Entfernung), die Flugsicherungsgebühren und die Luftsicherheitsgebühr, die für die Kontrolle der Passagiere und ihres Handgepäcks am Flughafen erhoben wird. Hier soll die mögliche Höchstgrenze von derzeit 10 Euro pro Passagier im kommenden Jahr auf 15 Euro steigen. Dazu kommen Start- und Landegebühren der Flughäfen und neue Umweltauflagen der EU.

Lufthansa: Noch keine Fabrik für „Power-to-Liquid“

Die EU verlangt neben dem bereits bestehenden Emissionshandel ab dem kommenden Jahr die steigende Beimischung nachhaltig produzierten Kerosins (SAF), beginnend mit einem Anteil von 2 Prozent. Biogenes SAF wird unter anderem aus Speiseölresten hergestellt und ist rund viermal so teuer wie herkömmliches Kerosin. Ab 2030 muss dann auch Treibstoff enthalten sein, der allein aus Öko-Strom synthetisch hergestellt wird. Für das Verfahren „Power-to-Liquid“ (PtL) gebe es europaweit noch keine einzige Fabrik, moniert die Lufthansa. Deutschland verlangt in einem nationalen Alleingang bereits ab 2026 eine PtL-Unterquote von 0,5 Prozent innerhalb des SAF-Anteils. Diese Quote werde wegen mangelnder Verfügbarkeit nicht erfüllbar sein, betont die Lufthansa.

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