Elektro-Motorräder Warum bei Bikern der Funke nicht überspringt

Nur im übertragenen Sinn unter Strom: Hier eine Demonstration auf Motorrädern in Berlin.
Nur im übertragenen Sinn unter Strom: Hier eine Demonstration auf Motorrädern in Berlin.

Elektrisch und emissionsfrei: E-Motorräder sind eine umweltfreundliche Alternative zu Verbrenner-Modellen. Bei traditionellen Bikern hat die E-Version aber einen schweren Stand. Warum ist das so?

Auf den ersten Blick sieht die Harley-Davidson „Livewire One“ aus wie ein gewöhnliches Motorrad. Erst an der Ampel hört man den Unterschied zur sonst üblichen Lärm-Kulisse. Mit ihrem elektrischen Antrieb ist sie nicht nur leise unterwegs, sondern auch umweltfreundlich: Weil der Zweirad-Stromer keine Abgase ausstößt, reduziert er die lokale Belastung durch Feinstaub und Schadstoffe.

In Deutschland spielt Elektromobilität in der Automobilindustrie eine wichtige Rolle, um Klimaziele zu erreichen. Doch während sich E-Autos etablieren, haben die batteriebetriebenen Motorräder noch einen langen Weg vor sich. „Die meisten Biker brauchen das Freiheitsgefühl auf der Maschine. Sie wollen ihre Strecken fahren, ohne an die nächste Steckdose denken zu müssen“, erzählt Dirk, der anonym bleiben will. Für den leidenschaftlichen Motorradfahrer komme der Kauf eines E-Modells nicht infrage: „Ein Biker erkennt eine Maschine am Klang – auch das fällt bei den Elektro-Motorrädern weg.“

Hier die Zahlen

Zwar ist laut Industrie-Verband Motorrad Deutschland (IVM) das Interesse an motorisierten Zweirädern mit E-Antrieb seit 2020 deutlich gestiegen, das gelte aber vor allem für die kleineren Fahrzeugsegmente. 2023 gab es nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) 222.046 Neuzulassungen für Krafträder – davon hatten nur 16.945 (7,6 Prozent) einen Elektro-Antrieb. Im Jahr zuvor waren es noch 33.687 von 223.889 neu zugelassenen Krafträdern.

Auch die Angebotspalette von elektrischen Krafträdern ist überschaubar. So verschob BMW die Vorstellung seines ersten E-Motorrads auf frühestens 2026 – ursprünglich war das Modell schon für 2025 angekündigt worden. Es gebe weltweit „nirgendwo eine wirklich relevante Nachfrage seitens der Kunden nach elektrischen Motorrädern“, sagt BMW-Sprecher, Tim Diehl-Thiele. So lange die Nachfrage ausbleibe, habe es keinen Sinn, ein vollelektrisches Motorrad auf den Markt zu bringen.

Zu wenig Reichweite

Die häufigsten Kaufhindernisse sind die eingeschränkte Reichweite und die Aufladedauer von E-Motorrädern, erklärt Matthias Meier, Geschäftsführer der Harley-Davidson-Factory in Frankfurt. Nach Angaben des ADAC schaffen es die meisten Modelle nur auf 100 bis 200 Kilometer Reichweite. Motorradfahrer würden ihre Krafträder aber oft für deutlich längere Strecken nutzen, sagt Meier. „Wenn der typische Motorradfahrer mit seinen Kumpels einen Ausflug machen will, kommt er mit der E-Version nicht weit.“

Um die Barrieren der Motorradfahrer abzubauen, lohne sich eine Probefahrt, so Meier. „Elektrische Motorräder polarisieren beim Erstkontakt.“ Das Handling und die spielerische Leichtigkeit würden fast jeden begeistern. „Man muss nicht mal kuppeln. Auch die Bremse braucht man nur, wenn man mal scharf bremsen muss. Und im Hochsommer muss man sich nicht vor der Motorwärme schützen“, sagt er über die E-Harley.

Die Kleinen machen’s vor

Deutlich erfolgreicher sind die kleineren E-Modelle. Gerade in Stadtgebieten profitiere man von kurzen Stauzeiten, einfacheren Parkmöglichkeiten und überschaubaren Fahrzeugkosten, heißt es vom IVM. Dem Verband zufolge machen Elektrofahrzeuge in der kleinsten Klasse, die Kleinkrafträdern mit bis zu 50 Kubikzentimetern Hubraum entspricht, fast 30 Prozent aus. Ähnliches gilt für die Klasse A1 mit einem Hubraum bis zu 125 Kubikzentimetern, wobei im vergangenen Jahr mehr als 10 Prozent der neu zugelassenen Zweiräder einen Elektroantrieb hatten.

Viele Hersteller setzen demnach gerade in Stadtgebieten auf den E-Antrieb. Gerade aus China werden zahlreiche Elektro-Roller angeboten. Auch BMW fokussiert sich nach eigenen Angaben bei neuen Modellen für städtische Räume und überschaubare Distanzen ausschließlich auf elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Schließlich seien die Bayern mit ihrem ersten E-Großroller C Evolution von 2013 auf Anhieb Marktführer geworden und hätten den Markt wesentlich angeschoben, betont Diehl-Thiele.

Mehr Lademöglichkeiten

Damit künftig mehr Motorradfahrer auf den Geschmack kommen, müsse sich Meier zufolge die Infrastruktur von Ladestationen verbessern. „Man braucht für die E-Modelle mehr Lademöglichkeiten in- und außerhalb der Stadt“, betont er. Auch BMW-Sprecher Diehl-Thiele bemängelt „die bei Weitem noch nicht ausreichende Dichte an Ladestationen“ für die überwiegend in der Freizeit genutzten Motorräder. Daneben würden technische Herausforderungen auf der Produktseite das Umstellen von Motorrädern auf E-Motoren erschweren, erklärt er. „Nur ein Beispiel: Das Batteriegewicht ist im Motorrad ein viel komplizierteres Thema als im Auto.“ Auch gebe es keine regulatorischen Angaben für Hersteller, wie etwa Flottenvorgaben, erklärt der BMW-Sprecher.

„Wenn es für E-Motorräder eine staatliche Förderung gäbe, würde man vielleicht den ein oder anderen davon überzeugen“, sagt Meier. „Aber das ist bei der Regierung durchs Raster gefallen.“

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