Wissen Architektonische Meisterwerke von Honigbienen und Wespen

Bienen bauen doppelseitige Waben, die senkrecht konstruiet sind.
Bienen bauen doppelseitige Waben, die senkrecht konstruiet sind.

Obwohl die Evolution Honigbienen und soziale Wespen vor 179 Millionen Jahren getrennt hat, entwickelten beide Arten eine ähnliche Lösung für den Nestbau.

Dass Bienen und Wespen architektonisch vergleichbar vorgehen, zu diesem Schluss kommt der Wissenschaftler Michael L. Smith vom Exzellenzcluster Kollektives Verhalten an der Universität Konstanz und dem Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie.

Wenn man Smith ein Bild einer Wabe von Honigbienen oder sozialen Wespen vorlegt, kann er detailliert erklären, wie die Insekten architektonische Probleme lösen, die durch verschiedene Zellgrößen entstehen. Kein Wunder, denn mit einer halbautomatischen Methode, die er mit seinem Forschungsteam entwickelte, untersuchte der Biologe für soziale Insekten nach eigenen Angaben bereits 22.745 einzelne Zellen, die verschiedene Arten von Honigbienen und soziale, also in Gemeinschaften lebende Wespen produzierten.

„Unabhängig voneinander haben Honigbienen und soziale Wespen die Fähigkeit entwickelt, sechseckige Zellen zu bauen“, erklärt Michael Smith, der zugleich Professor an der Auburn University im US-Bundesstaaat Alabama ist. Auf die gleiche Lösung seien die Tiere gekommen, obwohl es beim Nestbau einige Unterschiede gibt. Beispielsweise verwenden Bienen Wachs als Baumaterial, soziale Wespen Papier. Bienen bauen doppelseitige Waben, die senkrecht hängen, während Wespen einseitige Waben bauen, die waagerecht hängen“, berichtet er.

Je nach Größe werden verschiedene Zellen benötigt

Doch worin besteht das architektonische Problem? „In einer Kolonie sind nicht alle Mitglieder gleich groß und benötigen daher unterschiedlich große Zellen“, erklärt Smith. Es variiere, je nachdem, wie viel größer die Drohnen, die für die Reproduktion zuständig sind, im Vergleich zu den Arbeiterinnen sind. „Bei einigen Arten ist der Unterschied gering, bei anderen hingegen sind die Drohnen viel größer – und benötigen daher eine größere Zelle, in der sie heranwachsen können“, sagt der Bienen- und Wespenexperte.

Die Insekten würden das Problem der verschiedenen Zellgrößen mit nicht-sechseckigen Zellen lösen, die auf vorhersehbare Weise kombiniert werden. Die häufigste Kombination seien Paare von fünf- und siebenseitigen Zellen, wie die Forscherinnen und Forscher herausfanden. „Wir glauben, dass es eine grundlegende Geometrie und vielleicht auch Konstruktionsmethode gibt, die zu der besonderen Anordnung von nicht-sechseckigen Zellen führt“, so Michael L. Smith. Interessant sei auch, dass sich die fünfseitige Zelle immer auf der Arbeiterinnenseite befinde, während die siebenseitige Zelle auf der Seite der Drohnen liege.

Das Forschungsteam habe gewusst, dass alle Tierarten dieses Problem auf irgendeine Weise lösen müssten. „Als wir sahen, dass alle so ziemlich das Gleiche machen, mit einigen kleinen Abweichungen, war das wirklich spannend“, erinnert sich Smith. Wenn daher jemand eine völlig neue Art entdecken und berichten würde, wie groß die Zellen der Arbeiterinnen und der Drohnen seien, könnte das Exzellenzcluster-Team vorhersagen, wie die Tierchen ihr architektonisches Problem lösen und welche Tricks die Insekten anwenden. Dies würde wahrscheinlich auch für andere sechseckige Strukturen gelten, und das nicht nur bei sozialen Insekten, ergänzt Smith.

Fotos aus der ganzen Welt zusammengetragen

Die Studie sei durch ein Netzwerk von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der ganzen Welt ermöglicht worden, die entweder aus früheren Arbeiten schon Fotos von Nestern gehabt hätten oder oder neue Fotos besorgen konnten.

Sechseckige Konstruktionen würden auch vom Menschen in vielen Bereichen verwendet, zum Beispiel für die Tragflächen von Flugzeugen. „Das Sechseck ist sehr nützlich, weil es leicht, stark und flexibel ist. Aber in manchen Fällen möchte man vielleicht an einer Stelle eines in einer bestimmten Größe und an einer anderen Stelle ein Sechseck in einer anderen Größe, da eine Stelle stabiler sein muss als eine andere“, berichtet Smith. Derzeit löse der Mensch dieses architektonische Problem, indem einfach eine große Metallstrebe angebracht werde. „Nun, die Bienen und Wespen zeigen uns einen intelligenteren Weg“, sagt der Experte.

Wespen bauen einseitige Waben, die – wo dies möglich ist – eher waagerecht hängen.
Wespen bauen einseitige Waben, die – wo dies möglich ist – eher waagerecht hängen.
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