Wissen Das Tiny House der Steinzeit

Rund zwei Millionen Pfähle soll es alleine im Bodensee geben.
Rund zwei Millionen Pfähle soll es alleine im Bodensee geben.

Schon sehr früh waren die Ufer des Bodensees besiedelt – Freilichtmuseum gibt Zeugnis davon – Siedlungsursachen umstritten.

Zwischen Meersburg und Überlingen liegt die kleine Bodensee-Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen. Das dortige Freilichtmuseum zieht jährlich Hunderttausende an, die auf den Spuren der Steinzeitmenschen wandeln wollen. Nun ist das Pfahlbaumuseum erneut gewachsen. In das 8000-Seelendorf Uhldingen-Mühlhofen am Bodensee pilgern jährlich um die 300.000 Steinzeit-Fans. Der Grund: das Pfahlbaumuseum. 23 Häuser auf Stelzen sind dort im Bodensee zu sehen, die Einblicke in 3000 Jahre Menschheitsgeschichte geben sollen. Die Nachbauten sind mehr als 100 Jahre alt, Unesco-Weltkulturerbe und dienten schon öfter als Filmkulisse. Nun ist das Freilichtmuseum gewachsen.

Ein mehr als 14 Millionen teurer Erweiterungsbau ist in den vergangenen anderthalb Jahren auf dem Gelände entstanden. Acht Jahre lang wurde geplant, wie Museumsdirektor Gunter Schöbel erklärt. Der Neubau aus Holz ähnle einem umgedrehten prähistorischen Einbaum-Boot. Darin sei ein großes Besucherzentrum entstanden mit einer Multimediaschau. Auf rund 1000 Quadratmetern gebe es auch eine neue Ausstellungsfläche für prähistorische Funde.

Viele Rätsel um Siedlungen

Die Forschung an Land und unter Wasser, die auch im Museum betrieben werde, löse noch viele Rätsel rund um die Siedlungen. Pfahlbauten habe es in vielen Regionen gegeben. Der Museumsdirektor geht von etwa zwei Millionen Pfählen allein im Bodensee aus. Noch heute würden die Hölzer erforscht. Durch die Jahresringe werde das Alter des Holzes bestimmt.

Als Weltkulturerbe genießen die Pfahlbauten um die Alpen seit 2011 besonderen Schutz. „Der Titel bringt Anerkennung, aber kein Geld.“ Der Neubau sei durch Rücklagen aus Eintrittsgeldern und Krediten finanziert worden, die vom Pfahlbau-Verein gesammelt wurden.

Über den See schnell überall

In der Wissenschaft werde darüber gestritten, warum sich die Menschen auf dem Wasser niedergelassen haben, erklärt Schöbel. Die eine Fraktion sage aus Sicherheitsgründen, um sich etwa vor Gefahren und Feinden an Land zu stützen. Die andere gehe davon aus, dass es um Teilhabe am Handel ging. „Man saß am Wasser und war über den See relativ schnell überall“, so der Museumsdirektor.

Das Bauen sei durch die weiche Beschaffenheit des Bodens unter Wasser relativ einfach gewesen. Man habe nicht, wie an Land, erst ein Loch buddeln müssen. „Durch das Eigengewicht lässt sich der Pfahl relativ einfach in den Seeboden anbringen, verbindet sie quer, macht Wände und ein Dach darauf – und fertig ist das Tiny House aus der Steinzeit“, erläutert Schöbel. Das Pfahlbaumuseum ist seit der Eröffnung 1922 immer wieder um prähistorische Nachbauten erweitert worden. Filmproduzenten wurden früh auf das Dorf auf Stelzen aufmerksam.

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