1. FC Kaiserslautern Die Traditionsmarke sucht eine neue Identität

KAISERSLAUTERN. Wer kein Ziel vorgibt, kann auch keins verfehlen: Der mit einer Wischi-Waschi-Zielsetzung in die Saison gestartete 1. FC Kaiserslautern hat die Spielzeit 2015/16 mit 45 Punkten und 49:47 Toren auf Platz zehn beendet.

„Wenn wir am 30. Spieltag wieder da stehen, werden wir die gleichen Fehler nicht noch einmal machen“, sagte der damalige Vorstandsvorsitzende Stefan Kuntz vor dem Startschuss im Sommer 2015 mit Blick zurück auf den verschenkten Aufstieg. Die Enttäuschung wirkte nach. Das nicht aufgearbeitete Scheitern, der geballte Frust von Spielern, Verantwortlichen und Fans lähmte und erwies sich als zu große Hypothek für einen neuen Anlauf zum Glück. „Wir alle haben versäumt, Aufbruchstimmung zu erzeugen“, konstatierte Kosta Runjaic – da war er schon ein Trainer ohne Bank. Nach acht Spielen mit neun Punkten durfte er, ein fähiger Trainer, aber auch das Gesicht des Scheiterns, zurücktreten. Sportdirektor Markus Schupp verschwand über Nacht und ohne Erklärung. Die spätere Vertragsauflösung beendete ein beidseitiges Missverständnis. Es wirkt nach! Als sich die Gewitterwolken nach dem sechsten Spieltag zusammenbrauten, die Luft für Trainer und Sportdirektor dünner wurde, ließ Schupp anklingen, im weiten Schatten Kuntz’ faktisch ohne Macht zu sein. Nun bröckelte die schöne Fassade, im Misserfolg wurde deutlich, dass es hinter den Kulissen längst nicht mehr stimmte: Kuntz hätte handeln müssen, als klar war, dass zwischen Trainer und Sportdirektor gar nichts mehr ging, dass Schupp keine Akzeptanz bei den Profis besaß. Runjaic und Schupp waren am 23. September 2015 weg, das komplette Trainerteam – Ausnahme wie immer Torwarttrainer Gerry Ehrmann – wurde ausgetauscht. U23-Coach Konrad Fünfstück übernahm mit seinem Trainerstab einen Kader, den er so nie zusammengestellt hätte, aber er stellte sich vorbehaltlos hinter die Mannschaft. Die Zusage Kuntz’, die Mannschaft in der Winterpause auf zwei oder drei Positionen zu verstärken, wurde durch das Veto des Aufsichtsrates verhindert. Hypothese, dass dann mehr als Platz zehn herausgesprungen wäre und der FCK durch eine bessere Platzierung in der TV-Tabelle 600.000 Euro mehr zur Verfügung hätte, um einen konkurrenzfähigen Kader auf die Wiese zu bringen. Fünfstück, 35 Jahre alt, bewährte sich in einer turbulenten Saison als akribischer, fleißiger, intelligenter Arbeiter mit Fingerspitzengefühl. Er erlebte in einem knappen Jahr mehr als mancher in fünf Spielzeiten: Am 12. Dezember 2015 sah sich Aufsichtsratsvorsitzender Dieter Rombach in der stimmungsmäßig aufgeheizten Jahreshauptversammlung zum Rücktritt gezwungen, Nikolai Riesenkampff folgte ihm nach. Das Reizklima wurde zur Belastung, Stefan Kuntz war längst zur Reizfigur geworden und machte am 18. Januar 2016 mit seiner Rücktrittsankündigung den Weg frei für einen Neuanfang. Am 4. April war die Trennung nach fast exakt acht Jahren besiegelt, seither führen Thomas Gries als Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand Michael Klatt, der Fritz Grünewalt beerbte, den Verein. Ein Handicap, dass es nach Kuntz’ erzwungener Demission keinen Personalplan B gab. Mathias Abel, seit 4. April kommissarischer Sportvorstand, wechselt nun zurück in den Aufsichtsrat. Seit Dienstag ist Uwe Stöver als Sportdirektor im Amt. Seit diesem Tag weilt die Mannschaft in Urlaub. Sie war bei allem Willen nach vielen Abgängen limitiert: Herausragende Abwehrspieler (Orban, Heintz), ein raffinierter Vorlagengeber (Matmour), feine Techniker (Stöger, Younes, Demirbay) und drei Stürmer (Lakic, Hofmann, Zoller) waren gegangen. Mit Patrick Ziegler kam ein Defensiv-Allrounder für sagenhafte 800.000 Euro Ablöse vom Bundesliga-Absteiger SC Paderborn. Schupps Königstransfer hätten Kuntz und das Kontrollgremium stoppen müssen. Mit Sascha Mockenhaupt (VfR Aalen) und Stipe Vucur (Erzgebirge Aue) kamen zwei weitere Abwehrspieler von Absteigern. Sie blieben Konstanz schuldig. Kacper Przybylko, ein veranlagter Stürmer, aber schon in Bielefeld, Köln und Fürth ohne Torquote, wurde für 400.000 Euro gekauft. Er schoss sieben Tore, hätte 15 schießen müssen. Antonio Colak (Lech Gdansk) spielte auf Leihbasis mal gut, mal schlecht, mal gar nicht. Aus dem Talentschuppen des FC Bayern holte der FCK Lukas Görtler, der mit seinem Kampfgeist zum Betze passt, aber spielerisch limitiert ist. Zlatan Alomerovic, bei Borussia Dortmund Torwart Nummer drei, ist beim FCK zweite Wahl. An Marius Müller kam der beherzte Teamarbeiter nicht vorbei. Ein Gewinn, wenngleich zu wenig torgefährlich, ist Daniel Halfar, der ein guter Kapitän ist. Erst im Januar traf Sommereinkauf Jón Dadi Bödvarsson (Viking Stavanger) ein: eine Verstärkung, aber kein Torjäger. Zwei Panikkäufe gab’s im Sommerschlussverkauf: Robert Pich, ein Flop, wurde nach einem halben Jahr auf Leihbasis zurück zu Slask Wroclaw transferiert. Marcus Piossek (Preußen Münster) half auch nicht weiter. Über 500.000 Euro kosteten Schupps letzte Einkäufe, die Kuntz und Runjaic nie und nimmer hätten absegnen dürfen. Stagniert hat trotz guter Ansätze der körperlich nicht stabile Manfred Osei Kwadwo, Erik Wekesser vermochte dem Vorschusslorbeer auch in der zweiten Mannschaft (noch) nicht gerecht zu werden. „In der Saison 2016/17 wollen die Roten Teufel wieder richtig angreifen und den Betzenberg zum Beben bringen!“ So wirbt der FCK vollmundig im gerade gestarteten Dauerkartenverkauf. Nur mit welchem Kader? Mit welchem Trainer? Bis 30. Juni 2017 steht Konrad Fünfstück unter Vertrag. Eine Jobgarantie gibt es nicht, obgleich Fünfstück mit Chefscout Boris Notzon von Abel in die Kaderplanung eingebunden wurde. Der neue Sportdirektor will den Coach erst kennenlernen, weiß natürlich aber auch um die Dringlichkeit, Weichen zu stellen. „Wir brauchen Qualität, weil die Zweite Liga in der nächsten Saison noch stärker werden wird“, mahnt Fünfstück. Nach den sicheren Abgängen der Leistungsträger Jean Zimmer (VfB Stuttgart), Chris Löwe (Huddersfield Town) und Markus Karl stehen zwei Außenverteidiger, ein zentraler defensiver Mittelfeldspieler sowie ein „fertiger“ Stürmer auf der Wunschliste des Trainers. Neben den drei Stammspielern gehen ganz sicher die Ergänzungsspieler Antonio Colak und André Fomitschow. Mit Ruben Jenssen (28) hat Stöver am Dienstag gesprochen – „mit offenem Ausgang“. Der Abgang des norwegischen Nationalspielers gilt als wahrscheinlich. Alexander Ring (25) und Marius Müller (22), deren Verträge 2017 enden, könnten folgen. Bisher hat der FCK aus der Dritten Liga die Offensivspieler Osayamen Osawe (22) vom Halleschen FC und Max Dittgen (21) von der SG Sonnenhof Großaspach sowie die Eigengewächse Nils Seufert (19; Mittelfeld) und Nicklas Shipnoski (18; Sturm) unter Vertrag genommen. „Wir haben viele Kontakte, aber noch keinen unterschriftsreifen Vertrag“, beschreibt Uwe Stöver den Stand der Dinge. Tradition schießt keine Tore!

An dieser Stelle finden Sie ein Video via GlomexSport.

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