Kultur Cannes: Premiere von „Solo – A Star Wars Story"

Zurück in die Zukunft: Alden Ehrenreich als junger Han Solo, Joonas Suotamo spielt in „Solo – A Star Wars Story“ Chewbacca.
Zurück in die Zukunft: Alden Ehrenreich als junger Han Solo, Joonas Suotamo spielt in »Solo – A Star Wars Story« Chewbacca.

Noch völlig ungeklärt ist, ob der fliegende Mann im Astro-Look auf dem Mini-Luftkissen, der am Mittwochabend kurz vor der Cannes-Premiere von „Solo – A Star Wars Story“ mit lautem Motorengeräusch kreiste, ein Vorbote des Star-Wars-Films war. Auf dem roten Teppich, wo die Stars des Films inklusive Chewbacca unter der strengen Bewachung von zehn Sturmtrupplern tapfer lächelten, landete er jedenfalls nicht.

Sollten Sie es geschafft haben, noch nie einen „Star Wars“-Film gesehen zu haben, ist das der richtige Einstieg. Denn es geht um die charismatischste Helden-Figur: Han Solo. Darth Vader, Obi-Wan Kenobi, Yoda, Prinzessin Leia, R2D2 und wie sie alle heißen, gibt es noch gar nicht. Auch nicht den unvermeidlichen Ermutigungsgruß „Möge die Macht mit dir sein!“. Dieser Film erzählt eine Vorgeschichte, die mit dem Rest wenig zu tun hat. Den Fans der seit 1977 laufenden Kinoserie (nur James Bond ist älter) wird das nicht gefallen. Und da „Star Wars“-Fans vor allem Männer sind, werden sie auch weniger goutieren, dass die Metoo-Debatte galaktische Früchte trägt: Der junge Han Solo hat es gleich mit drei starken jungen Frau zu tun: Qi’Ra, Val und der Rebellenchefin. Und natürlich mit einem farbigen Freund, was schließlich auch politisch korrekt ist. Der unterhaltsame Film beginnt auf dem schmutzigen Planeten Corellia (der bisher noch nie zu sehen war). Dort schuften der junge Han und Qi’Ra als Leibeigene in den Minen. Doch sie hoffen, den Planeten durch Bestechung verlassen zu können – mit einem Quantum Coaxium. Das ist eine Art Supertreibstoff für Raumschiffe. Doch nur Han ist schnell genug bei der Ausreisekontrolle, Qi’Ra wird gefangen. Da man Han auch auf den Fersen ist, schreibt er sich schnell als Soldat beim Empire ein – mit seinem Herzenswunsch: Pilot. Fast wäre die Sache daran gescheitert, dass Han keinen Nachnamen hat, und da er alleine da steht, hat der sprachlich geschulte Rekrutierungsoffizier die Idee: Solo. Geklärt wird auch, wie Han zu seinem Freud Chewbacca, dem großen affenartigen Wookie, kommt. Chewbacca wird als Monster in einem Verlies gefangen gehalten, in das man Han Solo wirft, weil er sich Befehlen widersetzt. Und siehe da, Han beherrscht die nur aus Grunzlauten bestehende Sprache des Wookie und entdeckt einen Weg, wie sie sich befreien können – eine wunderbare Freundschaft beginnt. Drei Jahre später lernt das Duo, das Geld verdienen muss, den Dieb Tobias Beckett kennen, der mit Partnerin Val für den großen Boss Dryden Vos einen Zug mit Coaxium stehlen soll, was dank Han Solos unüberlegtem Handeln jedoch nicht gelingt, so dass nun alle in der Schuld des Gangsters stehen und auf anderem Weg zum Coaxium kommen müssen. Auf dem Planeten Kessel gibt es Coaxium in Rohform. Es darf nicht heißer als 35 Grad werden, sonst explodiert es, weshalb bislang noch keiner dort einen Diebstahlversuch unternahm. Die Vierer-Crew wagt es, unterstützt vom Piloten Lando Calrissian, dem das Raumschiff gehört, das sie brauchen, und dessen Freundin L3-37, ein Android in Menschensilhouette (nicht so putzig wie später C3PO). Sie stehlen das Coaxium und treten überhastet und unter Beschuss den Rückzug an. Dabei kann Han Solo erstmals die Millennium Falcon fliegen und steuert das Raumschiff gekonnt durch den gefährlichen Maelstrom-Nebel. Alles geht gut, sie liefern das Coaxium ab und trennen sich. „Traue niemandem!“, sagte Beckett zu Han, als er verschwindet. Das beherzigt er natürlich nicht. Er unterschätzt sowohl Becket als auch Qi’Ra, die keineswegs auf Corellia zurückgeblieben ist. Sie steht in Diensten von Dryden Vos, ist wohl auch seine Geliebte, und inzwischen eine kühle, unberechenbare Machtfrau. Han liebt sie immer noch und traut ihr, was ein weiterer ein Fehler ist. Doch er vertraut auch Becket und Val, was nicht minder gefährlich ist. Im Prinzip ist „Solo“ ein Heist-Movie, ein Raubüberfall-Film, aber ein verflucht unterhaltsamer. Natürlich ist optisch nicht alles neu. Corellia erinnert an „Mad Max“ und „Aeon Flux“, der Zug mit dem Coaxium, der durch eine vereiste Alpenlandschaft fährt, an „Snowpiercer“. Im Verlauf der 135 Minuten gewinnt die Geschichte immer mehr an Fahrt. Doch von den neuen Charakteren überzeugt nur Woody Harrelson als Beckett von Anfang an. Er hat einfach die nötige Coolness und Unverschämtheit und wird zum väterlichen Freund für Han Solo, den Alden Ehrenreich erst gegen Ende des Films halbwegs glaubwürdig verkörpert. Doch das mag daran liegen, dass man sich daran gewöhnen muss, dass er nun mal nicht wie ein junger Harrison Ford (der sonst diese Rolle spielt) aussieht. Zwischen Han und Qi’Ra (Emilia Clarke aus „Game of Thrones“ ist zu kalt) knistert es aber nicht richtig, dafür zwischen Landa und L3-37 umso mehr: Die Szenen mit Landa (Donald Glover, nicht mit Danny Glover verwandt) sind die humorvollsten, die mit Chewbacca, den man nun mit anderen Augen sieht, die emotionalsten. Kostüme und Landschaften sind eine Augenweide, die Spezialeffekte sind so gut, bunt und heftig, wie es sich gehört. Man merkt es dem Film nicht an, dass das Regisseursduo Phil Lord und Chris Miller mitten im Dreh gefeuert wurde und Veteran Ron Howard (64, zweifacher Oscar-Gewinner) übernahm, der bisher mit „Star Wars“ nichts zu tun hatte. Im Gegensatz zu Drehbuchautor Lawrence Kasdan, der schon bei „Episode VII“ mitschrieb und nun mit seinem Sohn Jake (40) die Story passabel gestaltete. Alles wirkt wie aus einem Guss, aber ein bisschen mehr Humor hätte es schon sein können, und die Charakter von Beckett, Landon und der drei Frauen hätte man deutlicher herausarbeiten können. Aber es wird ja noch mehr „Star Wars“-Nebenfilme geben. Deutscher Kinostart ist am 24. Mai.

x