Literatur Erste Frankfurter Buchmesse vor 75 Jahren

Heute sieht die Buchmesse in den Messehalen so aus.
Heute sieht die Buchmesse in den Messehalen so aus.

Schon 1370 gab es eine „Messe für Bücher“ in Frankfurt. Doch die Premiere für die heutige Frankfurter Buchmesse war erst 1949. In der Paulskirche, mit 8.400 Buchtiteln. Später werden es 390.000 Titel und E-Books sein.

Die Frankfurter Buchmesse ist nicht besonders bescheiden: Sie sieht sich selbst als „Welthauptstadt der Ideen“, zumindest „einmal im Jahr“. Dann findet in den weitläufigen Hallen des Messegeländes das weltweit größte Branchentreffen von Autoren, Verlagen und Lesepublikum statt.

Es gilt international als Vorbild, wie Peter Weidhaas, Leiter der Frankfurter Buchmesse von 1975 bis 2000, in seinem Buch „Zur Geschichte der Frankfurter Buchmesse“ schreibt. Alle neugegründeten Buchmessen hätten sich am Frankfurter Modell orientiert – ob London, Peking, Moskau oder Kairo, Buenos Aires oder Bologna.

Sperriges Buchmesse-Motto

In wenigen Wochen, vom 16. bis 20. Oktober, öffnet nun die 76. Frankfurter Buchmesse ihre Tore. Das sperrige Motto ist Englisch und mit einem Ausrufezeichen innerhalb eines Wortes versehen: „FBM24 is Read!ng - Read. Reflect. Relate.“ Auf gut Deutsch etwa: „Frankfurter Buchmesse 2024 ist Lesen - Lese. Reflektiere. Verknüpfe.“

Diesjähriger Ehrengast ist Italien: 91 italienische Autorinnen und Autoren treten in rund 50 literarischen Veranstaltungen auf. In Frankfurt erwartet wird auch der Mafia-Enthüllungsjournalist Roberto Saviano, berichtete das Buchbranche-Fachmagazin „Börsenblatt“ bereits im Juni. Er komme allerdings nicht mit der offiziellen Delegation Italiens, sondern auf Einladung seines deutschen Verlags Hanser, des ZDF und der Buchmesse.

Es begann mit 205 Ausstellern

Als vor 75 Jahren – am 18. September 1949 – in der Frankfurter Paulskirche die erste deutsche Buchmesse nach dem Krieg eröffnet wurde, kamen 205 deutsche Verlage zusammen. Und die Messe wuchs rasant: 2023 boten mehr als 4.200 Aussteller ihre literarischen Produkte an.

Die Ausstattung der Anfangsjahre war spartanisch, die Messestände waren simpel: zwei mal zwei Meter lange, schräg gestellte Holzbretter. 2024 werden Besucher wieder Messestände besuchen, die gemütlicher eingerichtet sind als so manches Wohnzimmer.

Paulskirche als Repräsentanz

Nach dem Krieg wähnten sich die Besucher angesichts von „nur“ 8.400 präsentierten Titeln schon im „Bücher-Rausch“, wie die „Süddeutsche Zeitung“ damals schrieb. Im Vor-Corona-Jahr 2019 wurden hingegen rund 390.000 Buchtitel, digitale Medien, Hörbücher und E-Books präsentiert.

1949 musste ein repräsentatives Gebäude gesucht werden, das im Trümmerfeld Frankfurts wieder aufgebaut war. So kam die Buchmesse in die Paulskirche. Später wurde ein detaillierter Hallenplan notwendig – als Wegweiser durch bis zu 170.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Doch im Jahr 2020 infizierte das Coronavirus die Welt. Die Pandemie führte zu einer digitalen Buchmesse ganz ohne Aussteller.

Von Kriegen überschattet

2021 waren dann die Verlage wieder real vor Ort, allerdings in geringerem Umfang als vor der Pandemie. 2022 wurden aber schon wieder mehr als 4.000 Aussteller aus 95 Ländern gezählt, auch die Besucherzahlen stiegen. 2023 kamen rund 215.000 Menschen in die Frankfurter Messehallen. Doch das sonst so inspirierende Literaturereignis wurde vom Grauen zweier Kriege getrübt – in der Ukraine und im Gazastreifen.

Immer wieder sorgten politisch verfolgte Autoren bei der Buchmesse für Aufsehen. 2023 bekam der indisch-britische Schriftsteller Autor Salman Rushdie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Rushdie sagte in Frankfurt, er sehe eine Funktion der Literatur darin, „Schönheit zu erschaffen“, besonders „in hässlichen Zeiten“. 2024 wird die US-Journalistin Anne Applebaum, eine Expertin der osteuropäischen Geschichte, mit dem Preis geehrt. Die russische Menschenrechtsaktivistin Irina Scherbakowa hält die Laudatio.

„Treffen von Raubdruckern“

Frankfurt wurde nicht ohne Grund zur deutschen Bücherstadt. Schon 1370 hatte es dort eine „Messe für Bücher“ gegeben. Im 15. Jahrhundert entwickelte Johannes Gutenberg im nahegelegenen Mainz den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Frankfurt wurde zum wichtigen Buch-Handelsplatz in Europa – und blieb dies bis ins 17. Jahrhundert. Erst im 18. Jahrhundert spielte Leipzig die größere Rolle. „Die Frankfurter Messe verkam weitgehend zu einer Zusammenkunft von Raubdruckern und versank im 19. Jahrhundert gar gänzlich in der Bedeutungslosigkeit“, so Buchmessenhistoriker Weidhaas. Erst 1949 sei es Frankfurter Buchhändlern gelungen, die Buchmessetradition wiederzubeleben.

Der anfänglich ausschließliche Deutschlandbezug verlor sich bereits bei der zweiten Frankfurter Buchmesse im Jahr 1950, als auch Verlage aus dem europäischen Ausland und den USA unter den Ausstellern waren. 2023 kamen Verlage aus 95 Ländern.

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