Neustadt Gipfelgrüße vom Großglockner – die „Rückblende“ zeigt wieder die besten Pressefotografien und Karikaturen des Jahres

Das Karikaturistenduo Greser & Lenz zeigt Putin privat.
Das Karikaturistenduo Greser & Lenz zeigt Putin privat.

Das Jahr 2022 wird in die Annalen eingehen als jenes, in dem ein russischer Hasardeur mal eben so die europäische Friedensordnung auf den Müllhaufen der Geschichte kippte. Bei der „Rückblende“, der Schau der besten Karikaturen und Pressefotos, die nun wieder in Neustadt Station macht, ist der Krieg in der Ukraine aber erstaunlicherweise nur ein Thema unter vielen.

Die diversen Umweltkrisen, Inflation und Mieten-Wahnsinn, die WM-Vergabe an Katar, die Dauer-Malaise der katholischen Kirche, vor allem aber die (neue) Ampel-Regierung und die Klimakleber, das sind Motive, die fast genauso präsent erscheinen, wie der russische Angriff auf das unschuldige Nachbarland. Dieser wird vor allem bei den Fotos ohnehin eher in seinen Auswirkungen auf die deutsche Politik und Gesellschaft gespiegelt, denn durch direkte Besuche an der Front, was sich wohl daraus erklärt, dass es sich um einen Preis für deutsche Pressefotografie handelt, und die reist nur dann nach Irpin oder Butscha, wenn auch deutsche Politiker dies tun.

Bei den ersten Preisen freilich liegen die Ereignisse im Osten dann aber doch ganz vorne in der Gunst der Jury: So geht der Karikaturenpreis an das Duo Greser & Lenz, bekannt als Hauskarikaturisten der „FAZ“, die einen watschelnden Putin zeigen, wie er in zaristischer Manier im Bademantel im Kreml nach einem „Blutbad“ verlangt: böse, aber goldrichtig.

Der Fotopreis wurde diesmal geteilt

Der mit 7000 Euro dotierte Fotopreis wird diesmal geteilt: Die eine Hälfte erhält der freie Frankfurter Fotograf Bernd Kammerer für sein Bild einer Ukraine-Solidaritätskundgebung am Frankfurter Römer mit einem auf einer Leinwand zugeschalteten Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Mitte, die andere der DPA-Kollege Boris Roessler für sein perfekt komponiertes Drohnenfoto nach einem Waldbrand in Hessen. Zu den weiteren Gewinnern zählt der Berliner Fotojournalist Filip Singer, der für die „Beste Serie“ ausgezeichnet wird. Seine Bilderfolge „Ukraine-Flüchtlinge aus Odessa heiraten in Berlin“ besticht durch den Blick auf privates jüdisches Leben, das sonst für die meisten kaum zugänglich ist. Den Preis „Das scharfe Sehen“ wiederum gewinnt Florian Gaertner für seine Aufnahme von Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner als Schattenrisse im Gespräch.

In der Kategorie Karikatur überzeugte auch Klaus Stuttmann mit seiner Umdeutung des ikonischen riesigen Tisches im Kreml zum Sarg. Der Berliner, der für verschiedene deutsche Tageszeitungen arbeitet, erhält dafür den zweiten Preis. Bronze geht an Burkhard Mohr, der die führenden Politikerinnen und Politiker der Ampel-Koalition mit Bezug auf die geplante Freigabe von Cannabis als bekiffte Tütenträger zeichnet.

Auch das Publikum hatte wieder die Wahl

Auch Publikumspreise wurden wieder vergeben – wie immer auf Grundlage einer Online-Abstimmung. Der Fotopreis geht hier mit deutlichem Abstand an Markus C. Hurek, Redaktionsleiter Politik beim Magazin „Focus“, für sein Schwarz-Weiß-Bild einer jungen, rauchenden Frau bei einer Berliner Demo gegen die Machthaber im Iran, bei dem man aber durchaus bedauern kann, dass Emanzipation sich wieder einmal im coolen Umgang mit blauem Dunst ausdrücken muss. Bei der Auszeichnung für die Karikaturen lag Katharina Greve vorn mit einem in der Zeitung „Neues Deutschland“ nach der weitgehend ergebnislosen Welt-Klima-Konferenz in Ägypten veröffentlichten Beitrag, der einen vom Meer umspülten Berggipfel zeigt. Der Text dazu „… beenden wir den Klimagipfel 2050 hier auf dem Großglockner und vertagen alle Beschlüsse auf das nächste Treffen auf dem Kilimandscharo“. Greves Gewinn ist ein Hotelaufenthalt in Rhodt unter Rietburg.

Zu sehen sind die Fotografien und Karikaturen in der SGD Süd übrigens nicht mehr im Foyer, sondern im Sitzungssaal und auf den Gängen rundherum – und zwar offiziell wegen des Brandschutzes. Die absurden Dimensionen, die dieser in Deutschland inzwischen annimmt, hat leider kein Karikaturist aufgegriffen.

Die Ausstellung

Die „Rückblende 2022“ ist bis 25. August in der SGD Süd, Friedrich-Ebert-Straße 14, in Neustadt zu sehen. Der Katalog kostet 8 Euro. Präsentiert werden soll eine Auswahl der Beiträge auch unter www.rueckblende.rlp.de, doch ist die Seite aktuell wegen eines Hackerangriffs nicht zugänglich.

Boris Roessler war mit seinem Waldbrand-Foto erfolgreich.
Boris Roessler war mit seinem Waldbrand-Foto erfolgreich.
x