Bad Dürkheim Über den Kirchturm hinaus: Ein Ruinen-Bild, das Hoffnung gibt

Nicht nur die Kirchenruine Oybin diente Caspar David Friedrich als Bildmotiv, auch die hier gezeigte Ruine des Klosters Eldena v
Nicht nur die Kirchenruine Oybin diente Caspar David Friedrich als Bildmotiv, auch die hier gezeigte Ruine des Klosters Eldena verwendete der Maler als Motiv.

335.000 Besucher haben sich in diesem Frühjahr auf den Weg gemacht, um in der Hamburger Kunsthalle die Werke Caspar David Friedrichs zu bestaunen. Vor 250 Jahren wurde der große Maler der deutschen Romantik geboren. Er verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in Dresden und wanderte gerne. Davon zeugen seine großen Landschaftsbilder, in denen der Mensch oft nur eine kleine Rolle spielt.

Im Sommer 1810 entdeckte er bei einer Wanderung mit seinem Künstlerfreund Georg Friedrich Kersting auf dem Gipfelplateau des Oybin eine mittelalterliche Klosterruine. Diese beeindruckte ihn so sehr, dass er noch vor Ort eine Zeichnung anfertigte und später zwei Ölgemälde dieses Motives.

Werden Kirchen von heute die Ruinen von morgen?

In Hamburg hat mich dieses Bild der Kirchenruine Oybin mit den drei gotischen Fensteröffnungen vor leuchtendem Abendhimmel sehr fasziniert und an unsere Kirchen denken lassen. Im Leiningerland gibt es ja in fast jedem Ort eine Kirche. Teilweise über Jahrhunderte haben Menschen sie erhalten und renoviert. Werden es die Ruinen von morgen sein, um die sich niemand mehr kümmern kann und will? Verfallen und verlassen von allen guten Geistern und wenigen Menschen, die immer kirchenferner sind?

Ich habe in Friedrichs Bild dennoch Tröstliches für mich und unsere Kirche entdeckt. Selbst wenn alles auf dem ersten Blick trostlos, verlassen und ruinös erscheint, sehe ich dort links an der Wand ein Kruzifix, an dem grüner Efeu lebendig emporrankt. Neben einer steinernen Madonna mit Christuskind gegenüber blüht eine Lilie. In der Mitte unter dem Fenster ist ein Altar, an dem Getreide wächst. So verbindet der tief religiöse Maler Hinweise auf Christus, seine Geburt, sein Sterben, seine Vergebung im Abendmahl mit der Lebenskraft der Natur. Dahinter leuchtet gelborange ein Himmel, der mich an die aufgehende Sonne des Ostermorgens erinnert.

Alles liegt in Gottes Hand

Mir sagt sein Gemälde: Dass Kirche lebt und lebendig ist, liegt allein in Gottes Hand. Gott ist größer. Oft wächst etwas im Verborgenen und ohne menschliches Zutun wie im Gleichnis Jesu von der selbstwachsenden Saat. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Ich finde es tröstend und entlastend, dass Glaube und Kirche entstehen kann, wo ich noch nichts sehe. Dann darf ich staunend erleben, wie Gott es geschehen lässt. So wie der Sonnenaufgang am Ostermorgen, der von der Auferstehung und dem Sieg über den Tod kündet. Das ist ein besonderes Schauspiel, auf das ich mich freue wie Caspar David Friedrich vor der Kirchenruine. Sein künstlerisches Credo lautete: „Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht.“

  • Johannes Fischer, Evangelischer Pfarrer für Ebertsheim, Mertesheim, Quirnheim und Kindenheim
x