Speyer Stolpersteine: Aus der Wohnung geholt und schwer misshandelt

Wormser Straße 8: Das frühere Haus der Familie Blum gehört heute einer städtischen Stiftung und wird derzeit nach einer Gasexplo
Wormser Straße 8: Das frühere Haus der Familie Blum gehört heute einer städtischen Stiftung und wird derzeit nach einer Gasexplosion wieder hergerichtet.

Am kommenden Dienstag werden Stolpersteine vor sechs Anwesen in der Speyerer Kernstadt verlegt. Sie erinnern an die Schicksale jüdischer Opfer des Nationalsozialismus, die in diesen Häusern lebten. Die ehrenamtliche Stolperstein-Initiative hat diese recherchiert und aufgeschrieben. Heute: Eugen, Klara und Nepomuk Blum aus der Wormser Straße 8.

Eugen Blum ist von Beruf Rechtsanwalt. Er ist von 1907 bis 1929 in München tätig, unterbrochen von seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg, dann sechs Jahre lang in Bad Dürkheim bis zum Berufsverbot. Das sogenannte „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ zwang Bürger jüdischer Abstammung, ihren Beruf aufzugeben. Antidemokratische Gesetzgebung und Antisemitismus brachten zunehmende Entrechtung und antijüdische Aktionen. Bereits 1933 kam es zu Ausschreitungen.

In der Personalakte Eugen Blums blieb eine frühe Schilderung erhalten: Ein Polizeibericht (LASp J3 / 1156 Personalakt Eugen Blum) vom 25./26. Juni 1933 schildert die Ausschreitungen in Bad Dürkheim, denen auch ein jüdischer Metzger sowie drei Sozialdemokraten zum Opfer fallen, wie folgt: „Eugen Blum wurde morgens gegen 4 Uhr durch Mitglieder und Anhänger der NSDAP, uniformierte SA- und SS-Leute, Arbeitsdienstfreiwillige und auch Zivilisten aus seiner Wohnung herausgeholt – ohne Haftbefehl – in Schutzhaft genommen, geschlagen mit Schulterriemen und Koppeln, aber auch mit einem schwerem Stuhl und derart zugerichtet, dass er bei der Ankunft im Gefängnis blutüberströmt sofort ins Krankenhaus gebracht wurde. Der Mann wurde unterwegs auf der Straße geschlagen und getreten, sodass er mehrmals zusammenbrach. Beim Eindringen in die Wohnung wurden Türen eingedrückt und Fenster eingeschlagen. Eugen Blum durfte sich nicht einmal anziehen, sondern wurde barfuß im Nachthemd ins Gefängnis geschleppt.“ Die Angehörigen werden bedroht und eingesperrt.

Deportation nach Gurs entgangen

Am 8. Juli wird der Rechtsanwalt entlassen, mit der Weisung, sich für einige Zeit von Bad Dürkheim zu entfernen, unter Angabe des Aufenthaltsorts und mit der Auflage, sich täglich bei der Gendarmerie zu melden. Mit seiner katholischen Frau Klara, geborene Mosl, lebt er in sogenannter „Privilegierter Mischehe“ und entgeht somit der Deportation der Speyerer Juden nach Gurs am 22. Oktober 1940. Er stirbt in Speyer am 18. April 1946 an den Folgen der 1933 erlittenen Misshandlungen, nach Aussagen seiner Verwandten Annamaria, geborene Fendrich, verarmt und krank. Aus dem lebenslustigen Mann war nach diesen Erlebnissen ein gebrochener Mensch geworden.

Seine Frau Klara, 1886 geboren, heiratet Eugen Blum 1921. Sie ist Volksschul- und Klavierlehrerin und hält in dieser schwierigen Zeit treu zu ihrem Mann. 1949 stirbt sie in Speyer.

Sohn macht als Ingenieur Karriere

Beider Sohn, Johannes Nepomuk Blum (1924-1964), genannt Hans, muss als „Halbjude“ das Humanistische Gymnasium in Speyer verlassen und beendet seine Schulzeit in einer Internatsschule im Schwarzwald. Er wird nach dem Krieg Maschinenbauingenieur bei AEG in Berlin und zeichnet sich durch Erfindungen mit zahlreichen Patenten aus.

Vor dem Haus Wormser Straße 8, das der Familie Blum gehörte, werden drei Stolpersteine für Eugen, Klara und Nepomuk Blum verlegt.

Die Serie

Die RHEINPFALZ dokumentiert die Schicksale Speyerer Juden, zu deren Ehren am Dienstag, 22. Oktober, Stolpersteine verlegt werden, mit Texten der Speyerer Stolperstein-Initiative.

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