Bad Dürkheim „Pisa-Studie“ für den Schulsport

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Es gibt ihn fast in jeder Schulklasse – den kleinen Dicken, der beim Sport immer weit hinter den anderen her läuft, beim Weitsprung kämpft er ebenfalls mit der Schwerkraft und beim Ballweitwurf rutscht die Kugel während der Ausholbewegung aus den Händen und fliegt in die falsche Richtung weg. Frustriert und traumatisiert meidet er ab da sportliche Bewegung auch in seiner Freizeit. Später bekommt er wegen seines Übergewichts Probleme mit den Kniegelenken und dem Herzen. „Mehr Bewegung“, nichts anderes ist das Ziel des an Dürkheimer Grundschulen erstmals durchgeführten Bewegungschecks. Erfunden hat den sogenannten Deutschen Motorik Test vor Jahren eine Kommission bundesweit anerkannter Sportwissenschaftler, um Vergleichsstudien zu bekommen, die eine Aussage darüber zulassen, wie es bei Zweit- und Viertklässern um Kraft, Ausdauer, Koordination, Schnelligkeit und um die Beweglichkeit insgesamt bestellt ist. Man möchte feststellen: „Der typische männliche Viertklässer läuft soundso schnell“, sagt Uli Fehr, seines Zeichens Sportwissenschaftler an der Uni Bayreuth und Vorsitzender des Stadtsportverbandes. Acht Übungen beinhaltet der Check, den Helfer aus den dem Stadtsportverband angeschlossenen Vereinen direkt in den Schulen durchführen. Dazu gehören Rumpfbeugen, Liegestütz, ein Sechsminuten-Lauf, Ballweitwurf und Stadtweitsprung beispielsweise genauso wie seitliches Hin- und Herspringen. Die erste Station ist morgen die Valentin-Ostertag-Schule mit über 60 Kindern. Die während der „Prüfungen“ erhobenen Daten werden im Nachgang aufbereitet und in einer Urkunde dargestellt. Der Bewegungscheck macht bei Talenten ziemlich genau sichtbar, für welche Sportart sie am ehesten geeignet sind. Eine Art Sportartenempfehlung soll die Kinder einerseits noch besser als bisher für bereits bestehende Bewegungsangebote im Verein motivieren und andererseits Eltern auf mögliche Risikofaktoren für bewegungsarmes Freizeitverhalten aufmerksam machen. „Im Idealfall“, so Uli Fehr, gelinge es nach dem Check eine separate Gruppe für diejenigen zu gründen, denen Bewegung eher schwer falle. Fehr spricht bezüglich dieser „Testbatterie“ von einer „regionale Kampagne für eine nachhaltige Bewegungs- und Sportförderung in Bad Dürkheim“. Sie soll Freude bereiten, aber auch einen gesundheits- und gesellschaftspolitischen Auftrag erfüllen: Ziel sei es, Kinder und möglichst auch Eltern nachhaltig durch mehr Bewegung zu einem gesünderen, besseren und damit längeren Leben zu motivieren. Eine vergleichbare Studie werde mit 1500 Kindern aus dem Landkreis Fulda seit dem Jahr 2010 jährlich durchgeführt. Auch in der chinesischen Millionenmetropole Shanghai kam der Test schon zur Anwendung. Fehr war damals selbst damit befasst. In Bad Dürkheim arbeiten Stadtsportverband, Stadt und Schulen bei diesem Projekt Hand in Hand. Die Finanzierung teilen sich die uni Bayreuth (Materialien), Stadt und Verband. Eine politische Komponente könnte sich aus der Auswertung eines begleitenden Fragebogens ergeben. Lassen signifikante Leistungsunterschiede in den Dürkheimer Ortsteilen etwa den Schluss zu, dass dort an manchen Stellen Sport-, Spiel- oder Bolzplätze fehlen. Das jedoch geschehe erst mit dem zweiten Schritt, so Fehr, der mit dem Projekt auch das Selbstverständnis eines Stadtsportverbandes unterstreichen möchte.

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